Vorarlberg: Paradoxe Situation bei Betreuung von Kindern

Ein Mädchen winkt vor dem Eingang eines Kindergartens.
Laut einer Studie der Arbeiterkammer besuchen zwar viele Kinder im Alter von 1 bis 6 Jahren eine elementare Einrichtung, allerdings nur kurz.

Zusammenfassung

  • In Vorarlberg besuchen viele Kinder elementare Bildungseinrichtungen, aber die tägliche Betreuungsdauer ist österreichweit am geringsten.
  • Traditionelle Rollenbilder und strukturelle Barrieren bremsen die Nutzung ganztägiger Betreuung, die mit 18 Prozent deutlich unter dem Bundesdurchschnitt liegt.
  • Gesellschaftliche Erwartungen an Mütter sind in Vorarlberg konservativer als in anderen Bundesländern, was die Inanspruchnahme von Betreuung beeinflusst.

In Vorarlberg besuchen zwar überdurchschnittlich viele Kinder im Alter von 1 bis 6 Jahren einen Kindergarten oder andere elementare Einrichtungen, doch die Besuchsdauer ist österreichweit am geringsten. Auf diese paradoxe Situation wies die Arbeiterkammer Vorarlberg am Mittwoch in einer Pressekonferenz hin. Sie sieht strukturelle Barrieren als Grund und fordert einen "umfassenden regionalen Aktionsplan".

Traditionelle Rollenbilder bremsen Inanspruchnahme

Neben strukturellen Hürden würden besonders stark ausgeprägte traditionelle Rollenbilder den Zugang und die Inanspruchnahme von elementaren Bildungs- und Betreuungseinrichtungen in Vorarlberg bremsen. Die AK Vorarlberg belegte das mit einer Studie des Österreichischen Instituts für Familienforschung (ÖIF) der Universität Wien, die in ihrem Auftrag erstellt wurde. Der Anteil an Kindern in ganztägiger Betreuung oder auch nur über Mittag ist in Vorarlberg mit Abstand der geringste im Bundesvergleich. Während österreichweit mehr als die Hälfte aller Kinder ganztägig betreut werden, sind es in Vorarlberg lediglich rund 18 Prozent.

Die Studie, für die vertiefende Interviews mit Eltern durchgeführt wurden, unterstreiche den wissenschaftlichen Konsens, wonach frühkindliche Bildung ihr volles Potenzial nur bei hoher Qualität entfalte. AK-Präsident Bernhard Heinzle kritisierte in diesem Zusammenhang den Förderstopp für Elternbeiträge in privaten Einrichtungen für Dreijährige: "Statt Qualität zu stärken, wird sie gefährdet. Wir brauchen einen regionalen Aktionsplan, der Ausbau und Qualität gemeinsam denkt - nicht Rückschritte."

Gesellschaftliche Erwartungen an die Mutter

Im Rahmen der Studie hat das ÖIF erstmals Daten aus dem "Generations & Gender Programme (GGP)" spezifisch für Vorarlberg ausgewertet. Die Ergebnisse beleuchten gesellschaftliche Erwartungen an Mütter im Hinblick auf Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit. Sie zeigen für Vorarlberg ein deutlich konservativeres Bild als in anderen Bundesländern. Ein Beispiel: So stimmen 52 Prozent der Männer in Vorarlberg der Aussage zu, dass ein Kind, das noch nicht zur Schule geht, unter der Erwerbstätigkeit der Mutter leiden würde. Auch 30 Prozent der Frauen teilen diese Ansicht. Zum Vergleich: In Wien liegt die Zustimmung bei 28 Prozent der Männer und 18 Prozent der Frauen.

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