Opposition will Abschüsse von Wölfen in Tirol erleichtern

Jäger sollen in Tirol künftig jeden Wolf schießen können, der aus ihrer Sicht eine Gefahr für Nutztiere darstellt.
Eine Gesetzesänderung soll ermöglichen, dass jeder Wolf, der eine Bedrohung für Nutztiere darstellen könnte, erlegt werden darf.

Zusammenfassung

  • Opposition in Tirol fordert leichtere Abschüsse von Wölfen, die Nutztiere bedrohen.
  • FPÖ, Liste Fritz und Neos wollen das Almschutzgesetz ändern, um präventiv handeln zu können.
  • 114 gemeldete Risse in 19 Tagen erhöhen den Druck auf eine schnelle Gesetzesänderung.

Arzl ist einer jener Stadtteile von Innsbruck, die früher einmal Dörfer waren und bis heute noch bäuerlich geprägt sind. Am Maxnhof präsentierte die Tiroler Landtagsopposition FPÖ, Liste Fritz und Neos (die Grünen sind nicht an Bord) am Donnerstag einen Dringlichkeitsantrag.

Der sieht eine Änderung des Tiroler Almschutzgesetzes vor, mit dem das Wolfsmanagement auf neue Beine gestellt werden soll. Während der Vorstoß, mit dem Abschüsse der Raubtiere erleichtern werden sollen, vorgestellt wird, knallt es im Hintergrund immer wieder. 

Schießen, aber nicht ausrotten?

Passenderweise findet das Pressegespräch in unmittelbarer Nähe des Arzler Schießstandes statt. "Es geht den Bauern nicht um die Ausrottung des Wolfes", versichert Stefan Brugger, Obmann des Vereins Weidezone Tirol, der neben den Politikern Aufstellung genommen hat. 

Pressekonferenz Wolfsmanagement

Pressegespräch am Maxnhof in Innsbruck. Von links: Birgit Obermüller (Neos), Markus Sint (Liste Fritz), Markus Abwerzger (FPÖ), Stefan Brugger (Obmann Weidezone Tirol). 

In drastischen Bildern zeichnet er einmal mehr, was passiert, wenn ein Wolf in eine Schafherde einfällt und dabei auch halbtote Tiere hinterlässt. "Wir sehen die Schmerzen in den Augen der Tiere", so Brugger. Das erzeuge "Wut auf ein Raubtier, das Wolf heißt"

Seit Wölfe vor einigen Jahren nach Tirol zurückgekehrt sind, gehen die Emotionen hoch, wurde das Thema zum heißen politischen Eisen. Erst vor zwei Jahren hat die schwarz-rote Landesregierung von der FPÖ unterstützt eine Novelle beschlossen, mit der die Erlassung von Abschussverordnungen stark beschleunigt wurde.

Nach Kärntner Vorbild

Nun habe man aber feststellen müssen, "dass das nicht ausreicht", sagt Tirols FPÖ-Chef Markus Abwerzger. Künftig solle präventiv agiert werden können. Ein Abschuss soll möglich sein, "wenn ein Jäger feststellt, dass ein Wolf kurz davor ist, Schaden anzurichten." Kärnten gehe diesen Weg bereits seit vergangenem Jahr.

Strafverteidiger Abwerzger vergleicht es mit der im Strafrecht geregelten Notwehr, die es in bestimmten Fällen ebenfalls ermöglicht, drohende Angriffe abzuwehren. Er gesteht aber auf Nachfrage auch ein, dass es in der Praxis nicht so leicht zu beantworten sei, ab wann eine konkrete oder drohende Gefahr für Nutztiere besteht.

Die Jägerschaft sieht er dennoch nicht in einem Graubereich, "sondern die sind safe". Man wolle sich nicht vorwerfen lassen, nichts getan zu haben, sagt Liste-Fritz-Klubobmann Markus Sint mit Verweis auf mögliche Gefahren für Menschen. "Genug ist genug. Die Situation hat sich verschärft." Die ÖVP lasse die Bauern aber im Stich.

114 Risse in 19 Tagen

So sieht das auch Brugger, der sich hingehalten fühlt. Aus Sicht der Almwirtschaft "ist der Sommer aus". Viele Tiere seien bereits wieder abgetrieben oder erst gar nicht aufgetrieben worden. Bei einer Wolfsattacke in Osttirol seien alleine 46 Schafe gerissen und ein Viertel der Herde ausgelöscht worden.

In ganz Tirol seien binnen 19 Tagen 114 Risse gemeldet worden. "So schlimm war es noch nie", sagt der Vereinsobmann, der das daran festmacht, dass sich das Rissgeschehen über das ganze Bundesland erstrecke. Geht es nach dem Vereinsobmann und den drei Parteien, soll die Gesetzesänderung noch vor der politischen Sommerpause in Kraft treten. 

Aus Sicht von Neos-Klubobfrau Birgit Obermüller ist ein Miteinander von Mensch, Weidetier und Wolf in Tirol "nicht möglich". Sie betont auch die Wichtigkeit der Almwirtschaft für den Tourismus und den Erhalt durch die Beweidung entstandenen Kulturlandschaft, die auch die Lawinengefahr bremst.

Riesiges Almgebiet in Tirol

Auch die drei Oppositionspolitiker betonen, dass ihnen nicht an der Ausrottung des Wolfs gelegen sei. Bei 2.100 Almen in ganz Tirol dürfte ein Wolf es im Sommer aber schwer haben, nicht in die Nähe von Nutztieren zu kommen. 

Bei der Landtagssitzung kommende Woche wird sich zunächst aber zeigen, ob die Regierungsparteien ÖVP und SPÖ dem Antrag auf Gesetzesänderung die Dringlichkeit zugestehen und im Falle auch zustimmen. Ansonsten gibt es dafür keine Mehrheit.

Der ressortzuständige ÖVP-LH-Stellvertreter Josef Geisler hatte bereits vergangene Woche in Aussicht gestellt, die Herabstufung des Schutzstatus für den Wolf durch die EU und den damit entstandenen rechtlichen Spielraum ausnützen zu wollen. Entnahmen müssten möglichst unbürokratisch, rasch und ohne unnötigen Verzögerungen stattfinden können.

Neue Regelung bereits in Ausarbeitung

In diesem Sommer soll aber aus Sicht von Geisler das bewährte Tiroler Modell der Entnahmeverordnungen auf Basis des geltenden Jagdgesetzes vorerst weiterhin zur Anwendung kommen. Die Zeit bis zur Almsaison 2026 werde genützt, um das Wolfsmanagement weiterzuentwickeln.

"Es braucht eine rechtssichere und nachhaltig haltbare Weiterentwicklung. Deshalb sind nun die Juristen mit der Ausarbeitung einer Novelle des Jagdgesetzes am Zug", erklärte ÖVP-Landeshauptmann Anton Mattle. Der Verein Weidezone Tirol pocht allerdings schon heuer auf eine Verschärfung.

Kommentare