Tanz auf dem Vulkan gegen den Kulturtod in der Stadt Hall

Stromboli-Geschäftsführerin Julia Mumelter und ihre Kollegen aus der Kulturszene sind fassungslos
Die Szene wehrt sich gegen die „Hal(l)bierung“ der Subventionen. Bürgermeister spricht von "Gezeter der Kulturvereine"

Mit einem Hausball feiert das Kulturlabor Stromboli in Hall, der Nachbarstadt von Innsbruck, am kommenden Samstag sein 35-jähriges Bestehen. Die Partylaune wurde bei den Betreibern im Vorfeld jedoch ordentlich getrübt.

„Hätten wir schon früher gewusst, was passiert, hätten wir den Ball gar nicht organisiert“, sagt Stromboli-Geschäftsführerin Julia Mumelter. Ende vergangenen Jahres rückte die Gemeindeführung nämlich im Zuge der Haushaltserstellung mit einer Hiobsbotschaft heraus, welche die gesamte Kulturszene der Stadt mit über 14.000 Einwohnern erschüttert hat.

Unsichere Zukunft

2023 sollen die Subventionen für alle Kultur-, aber auch Sozial- und Sportvereine um 50 Prozent gekürzt werden. Für das Stromboli, das jedes Jahr rund 130 Veranstaltungen im Programm hat und dabei immer wieder klingende Namen nach Hall lotst, aber auch für weitere, über Tirol hinaus bekannte, Institutionen steht die Zukunft am Spiel.

„Diese Kürzungen quer durch die Bank sind für mich nicht nachvollziehbar“, sagt Mumelter. Damit ist sie nicht alleine. Das „Forum Kultur Hall“, eine Plattform zeitgenössischer Kulturvereine, hat nach Bekanntwerden der Streichungen eine Online-Petition unter dem Titel „Nein zu #HALLbiert“ gestartet. Fast 6.000 Personen haben sie unterstützt.

Darunter auch bekannte Namen wie jene der Tiroler Schauspielbrüder Gregor Bloéb und Tobias Moretti oder auch etlicher Kabarettisten von Thomas Maurer bis Dirk Stermann. Mit Helga Rabl-Stadler reiht sich auch die ehemalige Leiterin der Salzburger Festspiele ein.

Vielfalt von Sub- bis Hochkultur

Die Unterstützerriege unterstreicht die Vielfalt von Sub- bis Hochkultur in Hall, mit der auch der Tourismus wirbt. So genießt etwa das von der Haller Galerie St. Barbara seit Jahrzehnten organisierte Osterfestival Tirol internationales Renommee. Leiterin, Hannah Crepaz, warnt, „dass eine drastische Kürzung von 50 Prozent bedeutet, dass es manches nicht mehr geben kann.“

Sie nennt unter anderem das ebenfalls über Tirol hinaus bekannte Literaturfestival Sprachsalz. Crepaz und Mumelter müssen hingegen ihre Programme einkürzen.

 

Tanz auf dem Vulkan gegen den Kulturtod in der Stadt Hall

Bürgermeister Christian Margreiter kann die Aufregung nicht nachvollziehen

Der erst 2022 ins Amt gekommene Bürgermeister Christian Margreiter (Für Hall) begründet die drastischen Einschnitte mit der Teuerung, gestiegenen Personalkosten und schlechter Wirtschaftslage. All das sind freilich Faktoren, mit denen jede Gemeinde kämpft.

Dass keine vergleichbaren Sparpakete aus anderen Städten bekannt sind, argumentiert Margreiter damit, „dass man bei uns von einem relativ hohen Stand der Subventionen ausgehen muss“, die nach den Kürzungen „immer noch eine Million Euro ausmachen“. Man habe in allen Bereichen sparen müssen. 

„Aber das Gezeter ist bei den Kulturvereinen besonders groß“, hat der Stadtchef kein Verständnis für die prekäre Lage.

Für Preiserhöhung

Er spricht vielmehr von „unzulässiger Panikmache“. Und regt an, dass Vereine „auf der Einnahmenseite reagieren, also etwa die Eintrittspreise erhöhen.“ Oder private Sponsoren auftreiben. 

Beim Stromboli-Ball kostet die Karte 23 Euro, damit der Eintritt eben auch leistbar ist. Gäste können aber freiwillig teurere Sponsorentickets lösen, um das Kulturlabor zu unterstützen.

In welchem Ausmaß bzw. mit welchem Prozentsatz an Kürzungen letztlich jeder einzelne Kulturverein betroffen sein wird, steht indes noch nicht fest. "Das wird individuell beurteilt", sagt der Bürgermeister, der noch auf Geld aus der Gemeindemilliarde hofft. "Die eine oder andere Veranstaltung wird aber nicht mehr stattfinden", gesteht er ein. 

"Nicht am Gängelband"

Die Institutionen müssten sich eben "überlegen, was kann ich mir leisten". Vereine sollten zudem "möglichst frei sein und nicht am Gängelband hängen", ist das Verstädnis von Margreiter.

Mumelter hofft indes, dass die "50 Prozent nicht durchgezogen werden und anerkannt wird, dass wir ein Teil des Stadtlebens sind und von Anfang an partnerschaftlich gefördert wurden."

Auf ihrer Homepage bewirbt die Stadt Hall sich jedenfalls als "Kulturstadt der Freigeister". Die "geistige Größe einer Stadt wird erkennbar am Anspruch zur Kultur und deren Darstellung", heißt es dort. Man brüstet sich mit zahlreichen bedeutenden Künstlern, "wie Maler, Bildhauer, Musiker oder Dichter, deren Werke überregionale Bedeutung errangen".

Und auch die nun von massiven Kürzungen bedrohten Veranstaltungen und Kulturvereine werden mit Stolz aufgeführt.

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