Kind soll bei Operation geholfen haben: Freisprüche in Graz
Der Prozess gegen zwei Ärzte wurde am Mittwoch fortgesetzt
Zusammenfassung
- Prozess gegen zwei Neurochirurgen in Graz, weil eine Ärztin ihre zwölfjährige Tochter bei einer Schädel-OP mithelfen ließ.
- Staatsanwaltschaft wirft vor, das Kind habe ein Loch für eine Sonde gebohrt; beide Ärzte bestreiten die Schuld.
- Patient leidet weiterhin an Schmerzen und psychischen Problemen.
Im Bezirksgericht Graz-Ost ist am Mittwoch der Prozess gegen eine Neurochirurgin und ihren Kollegen wegen leichter Körperverletzung fortgesetzt worden. Die Frau hat im Jänner 2024 ihre Tochter zu einer Schädeloperation mitgenommen.
Kind soll Loch für Sonde gebohrt haben
Laut Staatsanwaltschaft soll die damals Zwölfjährige selbstständig mit einem Bohrer ein Loch für eine Sonde in die Schädeldecke gebohrt haben. Die Ärzte fühlten sich nicht schuldig. Nun wurden weitere Zeugen sowie der betroffene Patient gehört.
Am 13. Jänner 2024 wurde ein 33-Jähriger nach einem schweren Forstunfall ins LKH Graz eingeliefert. Er hatte ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten und musste sofort operiert werden.
Ärztin brachte Tochter mit
Die Operation wurde von einem Arzt und einer Oberärztin durchgeführt, wobei der Chirurg noch in Ausbildung und weisungsgebunden war. Die Neurochirurgin brachte ihre Tochter mit in den Operationssaal. Nachdem der Großteil der Operation erledigt war, soll der Angeklagte dem Mädchen den Bohrer gereicht haben, damit das Kind laut Anklage das Loch für die Sonde bohren konnte.
Vier Hände am Bohrer?
Die Ärztin gab an, sie sei zu diesem Zeitpunkt im Hintergrund beschäftigt gewesen und habe nicht gesehen, ob ihre Tochter tatsächlich gebohrt habe. Ihr Kollege soll sie gefragt haben, ob die Zwölfjährige mithelfen dürfe und sie antwortete "Warum nicht?". Eine OP-Schwester will vier Hände am Bohrer gesehen haben, in diesem Fall hätte das Mädchen nicht allein das Instrument geführt.
Durch eine anonyme Anzeige kam der Fall ein halbes Jahr später ins Rollen. Die Operation selbst verlief gut, doch "das Risiko darf nicht kleingeredet werden", betonte die Anklägerin. Außerdem sei es "eine unglaubliche Respektlosigkeit gegenüber dem Patienten".
Ärzte arbeiten nicht mehr in dem Spital
Beide Angeklagten wurden aus dem Dienst im Krankenhaus entlassen, die Frau bekämpfte die Entscheidung und erreichte eine Umwandlung in eine Kündigung.
Die Ärztin soll, so Staatsanwältin Julia Steiner, nach der Operation mit Stolz verkündet haben, ihre Tochter habe soeben ihr erstes Bohrloch gesetzt. Eine Zeugin soll das bestätigt haben. "Sie wirkte entspannt und auch stolz", gab eine Krankenpflegerin an.
Ein OP-Assistent konnte sich an fast nichts erinnern, er konnte nicht einmal sagen, ob das Mädchen im Raum war oder nicht. Er erstellte den OP-Bericht, in dem die Zwölfjährige jedoch nicht aufscheint. "Ich habe damit nur begonnen, die Schwester hat ihn fertig gemacht", lautete seine Aussage.
Patient leidet an Schlafstörungen
Als Zeuge in dem Prozess war auch der Patient geladen, der operiert worden war. Er leidet nach eigenen Angaben immer noch an Schmerzen im Bereich des Bohrlochs und ist aufgrund seines psychischen Zustands nicht arbeitsfähig. Er nimmt nach wie vor starke Tabletten gegen die Kopfschmerzen und leide an Schlafstörungen bei dem Gedanken "dass eine Zwölfjährige mich operiert hat".
Mittwochmittag fiel dann das Urteil: Beide Ärzte werden mangels stichhaltiger Beweise - nicht rechtskräftig - freigesprochen.
Die Richterin begründete, es gäbe keine unmittelbaren Zeugen; zudem sei nicht feststellbar, ob das Kind gebohrt habe: "Ethische und moralische Erwägungen sind nicht ausschlaggebend."
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