Caritas zieht Bilanz: "Wir erleben alltägliche, stille Not"

In der Steiermark wurden 3.500 Tonnen Sachspenden für die Carla-Läden gesammelt (Archivbild)
"Unsere Hilfe ist nötiger denn je", resümiert Nora Tödtling-Musenbichler, Direktorin der Caritas Steiermark und Präsidentin der Caritas Österreich, mit einem Rückblick auf das vergangene Jahr: Rund 2.800 Menschen suchten allein in der Steiermark erstmals überhaupt eine Beratungsstelle der Hilfseinrichtung auf, das waren so viele Neuzugänge wie nie zuvor.
Pro Woche wurden 200 Lebensmittelpakete an Familien ausgegeben, 651 Langzeitarbeitslose fanden über eines der Beschäftigungsprojekte den Weg zurück in einen Job. Täglich wurden rund 150 Mahlzeiten im "Marienstüberl" an Menschen serviert, die sich sonst ein warmes Mittagessen nicht hätten leisten können.
Verlust von knapp einer Million Euro
Knapp 12,5 Millionen Euro kamen an Spenden herein sowie 21 Millionen Euro durch Subventionen. Auf rund 105 Millionen Euro beliefen sich die für von der Caritas erbrachte Leistungen, etwa im Pflegebereich.
Und doch steht im Wirkungsbericht 2024 ein Minus: Im Vorjahr machte die Caritas einen Verlust von 944.000 Euro, obwohl Rücklagen aufgelöst und nicht verbrauchte Spendengelder früherer Jahre verwendet wurden.
Dies sei für eine nicht gewinnorientierte, gemeinnützige Organisation "einmalig tragbar", betont die für Finanzen zuständige Vizedirektorin Petra Prattes. Zur "Dauerlösung" könne das aber nicht werden, mahnt sie: "Entgelte für Leistungen, die wir als Hilfsorganisation im öffentlichen Auftrag übernehmen, müssen angepasst werden."

Nora Tödtling-Musenbilcher (re.) und Petra Prattes präsentierten Jahresbericht
Insgesamt betrug das Finanzvolumen der Caritas Steiermark im Vorjahr 140,7 Millionen Euro. Das sei mehr "als wir durch Förderungen, Entgelte für Leistungsverträge und Spenden erhalten haben", rechnet Prattes vor.
Spendenbereitschaft weiter hoch
Die Caritas-Chefinnen sind indes froh, dass die Spendenbereitschaft trotz des "gestiegenen finanziellen Drucks" weiterhin hoch sei: "Für diese Solidarität sind wir dankbar, für die spenden wie auch die Aufmerksamkeit, die sie signalisieren."
- In der "Arche38", einer Notschlafstelle für obdachlose Männer, wurden 12.643 Nächtigungen verzeichnet.
- Im "Marienstüberl" wurden 10.431 Lebensmittelpakete ausgegeben.
- 2.900 Tonnen Kleiderspenden gingen bei den 33 Carla-Läden bzw. in den 318 Sachspendencontainern ein.
- 2.830 Menschen suchten 2024 erstmals Hilfe bei den Beratungsstellen.
Das Team des "Kältetelefon" verteilte 110 Schlafsäcke und Isomatten sowie 656 Verpflegungspakete an Menschen, die im öffentlichen Raum schliefen.
92 Besucherinnen und Besucher kamen durchschnittlich pro Tag in die Bahnhofsmission.
Eine Solidarität, die auch notwendig ist, wie Tödtling-Musenbichler aufzählt: Speziell bei den Lebensmittelausgaben sowie den Beratungen zur Existenzsicherung werde "hoher Bedarf" registriert. "Wir erleben alltägliche, stille Not."
Vor allem Alleinerziehende, Menschen mit Mindestpenision und Familien mit wenig Einkommen brauchten dauerhaft Unterstützung, um den Alltag absichern zu können.
Damit es nicht so weit kommen muss, versucht die Organisation gegenzusteuern - und das bereits extrem früh: So wurde ein Sozialarbeitsmodell für Kindergärten entwickelt, um schon dort prekäre soziale Familiensituationen erkennen zu können.
"Das ist ein mächtiger Hebel einer frühzeitigen Armutsprävention", betont Tödtling-Musenbichler.
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