Wie Städte gegen das Scooter-Chaos kämpfen

E-Scooter auf der Straße.
Paris wird die Gefährte nach einer Volksabstimmung ab Herbst verbannen. Andere internationale Städte experimentieren mit teils ungewöhnlichen Regeln. Auch in Österreich wird debattiert, Wien schärft ab Mai nach.

Das Volk hat entschieden. 89 Prozent der Bewohner der französischen Hauptstadt haben am Sonntag bei einer Volksabstimmung für ein Verbot von Leih-E-Scootern in der Stadt votiert. Somit gehören Leih-E-Scooter in Paris ab 1. September der Vergangenheit an. Eine radikale Maßnahme.

Lange galt Paris als Musterbeispiel für den Umgang mit den Gefährten. Eigene Parkplätze etwa waren gang und gäbe. Dem Chaos auf den Bürgersteigen und den Unfällen habe das laut der französischen Zeitung Le Monde aber keinen Einhalt geboten. Die Pariser wollen die rund 15.000 Leih-Roller deshalb nicht länger in ihrer Stadt.

Internationaler Fleckerlteppich

Kein Einzelfall. Auch in anderen (Groß-)Städten quer durch Europa sorgen E-Scooter für heftige Debatten. Die Regelungen, mit denen die Politik reagiert, könnten unterschiedlicher nicht sein. In London etwa sind Leih-Scooter erlaubt, private hingegen verboten. Wer sie nutzen will, muss strengen Regeln folgen. Viele andere Städte im Ausland haben das Angebot zuletzt stark zurückgefahren. (Mehr siehe Infobox)

Kein Wunder also, dass auch innerhalb Österreichs kaum Einigkeit herrscht, wie mit den E-Scootern umzugehen ist.

Kein Thema sind Leih-E-Scooter derzeit etwa in Salzburg und Graz: Verwiesen wird auf den fehlenden Platz und die wenig erfreulichen Erfahrungen aus anderen Städten: „Wir haben das Chaos gesehen, das Scooter in Wien angerichtet haben“, heißt es etwa aus dem Büro der stv. Grazer Bürgermeisterin Judith Schwentner (Grüne).

Das "Chaos" in den Griff bekommen

Dabei soll genau dieses „Chaos“ in Wien bald, konkret im Mai, Geschichte sein. Nicht – wie in Paris – durch eine Verbannung der E-Scooter, sondern durch strengere Regeln. So soll das Parken auf Gehsteigen ab dann gänzlich verboten werden, stattdessen muss „platzsparend in der Parkspur“ (also zwischen den Autos) oder auf eigenen Abstellflächen geparkt werden. Bis Jahresende sind 200 dieser Flächen geplant, im Jahr 2024 sollen weitere 100 dazukommen, heißt es aus dem Büro von Mobilitätsstadträtin Ulli Sima (SPÖ).

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E-Roller-Fahrer in Wien

Für die Verleiher soll es teuer werden, wenn die Nutzer die Scooter nicht ordnungsgemäß abstellen – die Strafen gehen bis hin zum Entzug der Lizenz. Wer künftig überhaupt Leih-Scooter aufstellen darf, darüber wird derzeit verhandelt: Die Zahl der Anbieter soll jedenfalls von fünf auf vier reduziert werden. Die Ausschreibung läuft noch.

Weniger Geschwindigkeit

Klar ist bereits, dass die Zahl der E-Scooter im Stadtinneren reduziert und (im Gegenzug) in der Peripherie erhöht werden soll. Details sind noch nicht bekannt, die Gesamtzahl der Leih-Geräte dürfte sich aber mindestens halbieren – von derzeit 5.000 auf unter 2.500. An bestimmten Hotspots, etwa bei Spitälern, kommt ein Fahrverbot. In Fußgängerzonen sollen die Scooter die Geschwindigkeit automatisch drosseln – das ist via GPS-Ortung möglich.

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In Innsbruck dürfen Anbieter von Leih-E-Scootern je 225 Roller aufstellen

Deutlich klarer ist die Situation in Innsbruck, wo das Leih-System zu funktionieren scheint. Nach Wien war man 2019 die zweite Stadt in Österreich, die die Gefährte erlaubte, 2021 wurde die Anzahl der Scooter sogar angehoben. Zwei Anbieter dürfen je 225 Stück aufstellen, im Moment diskutiert man über eigene Abstellflächen.

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Von Anfang an geplant waren die Abstellflächen in Baden

Von Anfang an eingeplant wurden die Abstellflächen dagegen in Baden. Seit September können die Leih-E-Roller hier an 40 Stationen ausgeliehen und auch wieder zurückgegeben werden. Die erste Bilanz ist positiv: Ein „Traumstart“, sagt Bürgermeister Stefan Szirucsek (ÖVP).

Negative Erfahrungen

Übrigens: Dass die Meinungen über die Roller derart auseinandergehen, liegt daran, dass viele Menschen selbst negative Erfahrungen gemacht hätten – Stichwort: Unfälle (siehe Faktenleiste) und Chaos am Gehweg.

Zudem handle es sich um „eine recht neue Mobilitätsform“, sagt Klaus Robatsch vom Kuratorium für Verkehrssicherheit (KfV). „Niemand weiß so genau, wie damit umzugehen ist.“ Regeln müssten erst ausprobiert und adaptiert werden. Erst dann könne ein geeignetes Modell gefunden werden. „Oder“, so Robatsch, „die Scooter verschwinden einfach wieder von der Bildfläche“. Wie in Paris.

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