Wer legt "gute" und "böse" Guerillas fest?

Ein junger Österreicher schloss sich in Syrien einer Kurdenmiliz an, um gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zu kämpfen. Eine tolle Sache, sagen viele. Trotzdem riskiert er damit seine österreichische Staatsbürgerschaft. Denn ein Kernpunkt des neuen Antiterrorpaketes ist der Entzug der Staatsbürgerschaft, wenn ein Österreicher "freiwillig für eine organisierte bewaffnete Gruppe aktiv an Kampfhandlungen im Ausland im Rahmen eines bewaffneten Konfliktes teilnimmt". Das Gesetz unterscheidet nicht zwischen "guten" und "bösen" Guerillas.
Doppelstaatsbürger
Ein Entzug ist nur in jenen Fällen möglich, wo eine Doppelstaatsbürgerschaft vorliegt. Es soll vor allem jene Migranten vornehmlich aus Tschetschenien und der Türkei abschrecken, als Terrorsöldner zur IS zu gehen.
Der Völkerrechtler und Brigadier Karl Edlinger vom Bundesheer warnt aber vor der zu generellen Formulierung "organisierte bewaffnete Gruppe". Denn das könnte auch Personen und Organisationen treffen, die durchaus im Interesse Österreichs oder Europas in den Kampf ziehen. Edlinger: "Man muss akzeptieren, dass es Fälle gibt, wo der bewaffnete Widerstand die einzige Lösung ist." Das ist jetzt beispielsweise angesichts des IS-Terrors im Irak und in Syrien der Fall. Edlinger weist darauf hin, dass immerhin die EU kurdische Verbände im Kampf gegen die Terroristen mit Waffen und Nachschubgütern versorgt. Edlinger: "Und wenn dann jemand bereit ist, sogar sein Leben für die gemeinsame Sache zu riskieren, wird er bestraft?"
Bundesheer
Dieser Fall ist jetzt möglicherweise eingetreten durch den Österreicher Markus L., der dem Sender FM4 im heftig umkämpften Kurdengebiet in Syrien ein Interview gab. Nach seinen Angaben sei der Vater Österreicher, die Mutter stamme aus Tunesien. Er habe insgesamt sechs Jahre beim Bundesheer verbracht. Und dann habe er sich ukrainischen Milizen angeschlossen, um gegen Putin zu kämpfen. Und jetzt sei er in Syrien, um die Kurdenmiliz YPG im Abwehrkampf gegen die mörderischen IS-Angriffe zu unterstützen.
Das alles mache er natürlich aus rein idealistischen Gründen. Markus L. zu FM4: "Ich bin ja dorthin (Ukraine, Anm.) und jetzt hierher gegangen weil es für mich zu Hause nicht mehr zumutbar war, zuzusehen. Im Schlaraffenland Österreich wird das alles ziemlich verdrängt."
Kampfhandlungen
Die Angaben des jungen Mannes sind nicht leicht zu überprüfen. Beim Bundesheer erinnert sich jedenfalls niemand an ihn. Aber unabhängig vom Wahrheitsgehalt in diesem Einzelfall wirft sich für Edlinger durch die geplante Formulierung im Gesetz die Frage auf, ob Österreich damit kategorisch die Beteiligung von Staatsbürgern an Kampfhandlungen jedweder Art ausschließen will. Das hält er für problematisch. Edlinger: "Es gibt ja auch bewaffnete Organisationen, die gegen Faschismus und Apartheit kämpfen." Ungeklärt ist auch noch die Frage, wie die privaten Militärdienstleister und Firmen wie Blackwater eingestuft werden. Die sind bewaffnet wie Armeen und entsprechen durchaus der Formulierung im Gesetzestext.
In Österreich würde dieses Gesetz eine große Anzahl von Menschen treffen. Edlinger weiß das etwa von seiner Erfahrung aus den Balkan-Kriegen. Da war es durchaus üblich, dass Österreicher mit jugoslawischen Wurzeln als "Wochenendkrieger" ihre Angehörigen unterstützt haben. Es sind auch schon mehrere Fälle von Ukrainern bekannt, die es jetzt in die Heimat zieht, wo sie drangsalierten Angehörigen helfen wollen – auf beiden Seiten. Und alle haben Probleme mit dem Begriff "Terrorist", der völkerrechtlich nicht genau definiert ist. Für sie sind "Terroristen" jeweils die Bewaffneten der Gegenseite....
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