Verurteilung mit Nachsicht für Jungkriminellen

Verurteilung mit Nachsicht für Jungkriminellen
15 Monate teilbedingte Haft für 14-jährigen amtsbekannten Afghanen, aber Chance auf Neustart

VonWolfgang AtzenhoferEin 14-Jähriger, der in Handschellen in den Verhandlungssaal geleitet wird, ist auch am Landesgericht Linz selten. Die Liste an Verbrechen, die dem schmächtigen jungen Afghanen am Freitag vor einem Schöffensenat angelastet wurde, erklärt aber die Vorgangsweise. Raub, Erpressung, Diebstahl, Urkundendelikte und Bandenkriminalität lassen einen abgebrühten Frechdachs erwarten. Dazu trägt auch die Vorgeschichte bei, die die Staatsanwältin erwähnt: 16 Verfahren gegen den 14-Jährigen wurden schon früher eingestellt, weil er damals noch strafunmündig war.

Doch das Bild des von der Untersuchungshaft überstellten schmächtigen Jugendlichen passt nicht zur Fülle der Anschuldigungen.

Sein Mandant bekenne sich zu einem Teil der Vorwürfe schuldig, kündigte der Verteidiger dann an. Er selber, aber auch andere Stellen hätten den Angeklagten als „freundlich, klug oder respektvoll“ kennengelernt, das Umfeld habe wohl viel Einfluss auf den Beklagten , meinte er.

Verhandlungsleiter Ralf Sigl ging mit dem jungen Beschuldigten sorgsam um. Geduldig arbeitete er mit ihm die Delikte ab. Etwa den Raub an einem 16-Jährigen in Freistadt, den der Angeklagte mit zwei anderen Jugendlichen am 17. Februar kurz nach Mitternacht verübt haben soll. „Ich habe ihn nur gehalten, weil er auf meinen Freund losgegangen ist“, verteidigte sich der Beschuldigte. Mit den Schlägen und den Tritten gegen das Opfer, das einen Nasenbeinbruch und eine aufgerissene erlitt, habe er nichts zu tungehabt.

EntlastungAuch den Vorwurf im Jänner in Linz gemeinsam mit vier anderen versucht zu haben, eine Elfjährige des Handys und der Geldbörse zu berauben, bestritt der junge Afghane: „Da war ich nicht dabei.“

Das Mädchen, das sich jedes Mal mit Leibeskräften gewehrt hatte und auch verletzt wurde, trat als Zeugin auf und entlastete ihn. Für Richter und Schöffen eine Überraschung. „Ihr eigener Bruder hat doch behauptet, dass sie dabei waren“, sagte der Richter. Darauf erwiderte sie: „Ich weiß nicht warum, vielleicht wollte er einen Freund schützen.“

Während er bestritt, bei einem Diebstahl von 50 Euro in einem Altersheim dabei gewesen zu sein, zeigte er sich im nächsten Fall geständig. Auch im Namen der Bande LML „Leben mit Loyalität“ soll einem 13-Jährigen mit Schlägen und mit dem „Abstechen“ gedroht worden sein. So erpresste der Bursch Kleidung um 415 Euro und 280 Euro Bargeld von ihm. „Ein Blödsinn. Ich möchte alles zurückzahlen“, erklärte der Bub. „Wie?“, fragte der Richter. Der Bub: „Ich will sparen“. Bei der Bande LML sei er nicht Mitglied gewesen.

Vom Schöffengericht erhielt er Freitag Strafe und Chance zugleich. Von 15 Monaten teilbedingter Haft sind zehn auf Bewährung ausgesetzt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Zudem wurde eine Bewährungshilfe angeordnet. Außerdem muss der Verurteilte nach der Haftentlassung in eine Wohngemeinschaft fernab seines Freundeskreises übersiedeln und seinen Opfern 3000 Euro Schmerzensgeld bezahlen.

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