Überwachung: Was die Polizei in Österreich derzeit darf – und was nicht

Überwachung: Was die Polizei in Österreich derzeit darf – und was nicht
Das Innenministerium und die DSN kritisieren Einschränkungen und Abhängigkeiten.

Die wieder aufgeflammte Debatte rund um die Messenger-Überwachung in Österreich wirft auch die Frage auf, wie es derzeit um die Befugnisse der Polizei steht. Ein Beispiel: Die Kriminalpolizei darf – nach richterlicher Anordnung – seit vielen Jahren ohne rechtliche Probleme ein Telefongespräch eines Verdächtigen abhören.

Findet dieselbe Kommunikation desselben Verdächtigen allerdings über WhatsApp statt, enden die Befugnisse. Für das Innenministerium (BMI) nicht argumentierbar. „Die Gesetze sind hier in der Zeit stehen geblieben, während sich die Kommunikationsformen, -plattformen und -modalitäten rasant schnell weiterentwickelt haben“, sagt ein Sprecher.

Auf Partner angewiesen

Diese massive Einschränkung gebe es so nur noch in Österreich. Deshalb sei man auch auf Partnerdienste aus dem Ausland angewiesen. Auf den 14-Jährigen, der offenbar einen Terroranschlag auf den Wiener Westbahnhof geplant haben soll, war man durch Hinweise aus dem deutschen Bundeskriminalamt gestoßen. Im Mai vergangenen Jahres wurde ein gleichaltriges Mädchen in Graz festgenommen, das einen Anschlag auf den Jakominiplatz geplant haben soll. Auch dieser Tipp stammte von einer „europäischen Sicherheitsbehörde“. Waffen dafür soll sich die Jugendliche extra besorgt haben, via Chats soll sie Komplizen gesucht haben.

Genau hier liege laut BMI auch das Problem: „Terroristen und Schwerkriminelle kommunizieren End-to-End verschlüsselt in Chats und nicht am Telefon. Wir können das alles erst auswerten, wenn die z. B. ein Mobiltelefon sichergestellt haben – aber in diesem Fall ist immer schon etwas passiert“, erklärt der Sprecher weiter. Es würden dabei auch nur bestimmte konkrete Verdächtige überwacht werden, beim „Mitlesen“, würde dies nur eine Handvoll Hochrisiko-Gefährder pro Jahr treffen, heißt es weiter aus dem BMI.

Drei-Stufen-Plan

Aktuell werden 650 Personen vom Verfassungsschutz im Bereich des islamistischen Extremismus beobachtet. Wie viele Beamte dafür abgestellt sind, will man im Innenministerium nicht kommunizieren. „Personalzahlen des Verfassungsschutzes werden grundsätzlich nicht veröffentlicht“, heißt es. Um der Terrorgefahr im Rahmen des derzeit Möglichen gerecht zu werden, will die zuständige Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) nun einen Drei-Stufen-Plan einführen. Der erste Schritt umfasst dabei ein automatisiertes Internet-Screening. Eine Software kann Plattformen schnell auf radikale Inhalte überprüfen. In dieser ersten Phase könne eine grundsätzliche Radikalisierung bei einem Gefährder zumindest rasch erkannt werden. Anhand dieser Methode kamen deutsche Ermittler auf die Spur bzw. das Tiktok-Profil des 14-Jährigen, der den Anschlag auf den Westbahnhof geplant haben soll.

Beim zweiten Punkt geht es um verdeckte Ermittlungen durch Staatsschützer. Durch den Zugang zum Deep Web können sie Chats und Foren einschlägiger Gruppen infiltrieren. In der dritten Phase sollte es DSN-Direktor Omar Haijawi-Pirchner zufolge darum gehen, die verschlüsselte Kommunikation von Hochrisikogefährdern mitlesen zu können. Aktuell sei man davon weit entfernt und „digitales Schlusslicht“ in Europa.

Dass die digitale Überwachung eine sensible Angelegenheit ist, ist nicht neu: Es geht darum, das Sicherheitsinteresse des Staates gegen das Recht auf Privatsphäre und Datenschutz abzuwägen. Erst 2019 hat das Höchstgericht den von ÖVP und FPÖ beschlossenen Einsatz einer staatlichen Spionagesoftware gekippt.

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