Zeichen der Brisanz
Die AG Wohnen – ein vor einem Jahr aufgrund der brisanten Lage entstandener Zusammenschluss praktisch aller Institutionen der Wohnungslosenhilfe – hatte Vertreter aller bei den Gemeinderatswahlen in vier Wochen antretenden Listen zu einer Debatte geladen – elf von dreizehn Parteien kamen dem nach.
Menschen ohne eigene Wohnung müssten „viel zu lange in Übergangs- und Notschlafstellen bleiben“, würden „von einer Einrichtung zur nächsten vermittelt“, lautete der Befund der Moderatorin, die im Namen der AG Wohnen forderte, dass die Stadt ein Kontingent von 130 Notwohnungen bereitstellt.
Dafür gab es – bis auf zwei Ausnahmen – breiten Konsens unter den Parteienvertreter. Beim Thema Leerstand klafften hingegen Gräben auf. Wie berichtet, soll es in Innsbruck rund 7.000 ungenutzte Wohnungen geben, die nicht vermietet werden.
Die dafür vorgeschriebene Abgabe würde Bürgermeister Georg Willi (Grüne) gerne erhöhen und schärfere Instrumente einsetzen, um diese eintreiben zu können, wie er zuletzt erklärt hatte.
Lucas Krackl, Obmann des Bauausschusses („Das neue Innsbruck“), kritisierte bei der Diskussion, dass es „Leerstand in vielen städtischen Bereichen“ gibt. Und ist hier mit der FPÖ, für die eine Leerstandsabgabe „purer Kommunismus“ ist, aber etwa auch mit der ganz linken Alternativen Liste Innsbruck auf Linie.
"Mich schmerzt jeder Wohnungsleerstand"
Die meisten dieser 574 Wohnungen seien nicht bewohnbar und in Gebäuden, die größeren Neubauten weichen sollen, rechtfertigt sich Willi im KURIER-Gespräch und meint: „Mich schmerzt jeder Wohnungsleerstand, wo wir Vergaberecht haben.“
Keine kleineren Hürden
Die AG Wohnen drängt indes auf eine bereits ausgearbeitete neue Wohnungsvergaberichtlinie, die erleichterten Zugang zu Stadtwohnungen ermöglichen soll. Hier legen sich aber vor allem die nun im Bündnis „Das neue Innsbruck“ von ÖVP-Spitzenkandidat Florian Tursky vereinten Listen und die Freiheitlichen quer. Für Andrea Dengg, FPÖ-Klubobfrau, muss „zuerst die bestehende Warteliste für Stadtwohnungen abgearbeitet werden“, dann könne man über neue Vergabekriterien reden. Ihre Partei ortet ohnehin im Zuzug die Grundwurzel des Problems.
Einig ist man sich wiederum, dass die hohen Wohnkosten längst auch ein Problem des Mittelstands geworden sind – wie immer man diesen auch definieren möchte. Wenn es aber darum geht, Baugründe zu mobilisieren, gehen die Haltungen schon wieder weit auseinander. So konnte sich der Gemeinderat bis heute nicht darauf einigen, das vom Land dafür geschaffene Instrument von Vorbehaltsflächen für sozialen Wohnbau umzusetzen.
Eingriff ins Eigentum
„Wir waren immer dafür“, sagt Krackl – allerdings nur bei Freiland. Wenn es darum gehe, auf gewidmetes Bauland zuzugreifen, „tun wir nicht mit“. Das sei ein Eingriff ins Eigentum, den man ablehnt. Und genau hier verläuft die ideologische Trennlinie zwischen Mitte-Rechts und Links. Die Mehrheitsverhältnisse im neuen Gemeinderat werden darüber entscheiden, wohin die Reise geht.
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