Tirol-Wahl: Elefant in Live-Spitzenrunde war die Koalitionsfrage

Am kommenden Sonntag könnte es bei den Landtagswahlen in Tirol zu enormen politischen Umwälzungen kommen. Der seit 77 Jahren dominierenden ÖVP droht ein dickes Minus und das historisch schlechteste Ergebnis. Was sich nach dem 25. September für Koalitionen ausgehen und wie viele Partner dafür nötig sind, ist völlig offen.
SPÖ und FPÖ dürften sich um Platz zwei hinter der vermutlich weiterhin auf Platz eins landenden Volkspartei duellieren. Aber auch die Ergebnisse der drei kleineren Landtagsparteien - die (noch) mit der ÖVP regierenden Grünen, die Liste Fritz und die Neos - könnten entscheidend werden.
Spannung vor Konfrontation
Dass eine dieser kleineren Parteien derart zulegt, dass sie ausreichend Mandate für eine Zweier-Koalition erreicht, gilt als unwahrscheinlich. Aber sie könnten im Falle einer Dreier-Koalition, es wäre die erste in Tirol, das Zünglein ander Waage sein.
Mit entsprechender Spannung wurde ein Aufeinandertreffen der SpitzenkandidatInnen - fünf Männer und eine Frau - am Dienstagabend im ORF-Landesstudio Tirol erwartet.

Die schwarz-grünen Koalitionspartner Anton Mattle (ÖVP) und Gebi Mair (Grüne) mit Andrea Haselwanter-Schneider (Liste Fritz) - von links nach rechts
Und eben dort drehte sich die erste Runde der Konfrontation um Koalitionsfragen - mit bekannten Positionen. Gebi Mair von den Grünen konstatierte zwar, dass er und VP-Spitzenkandidat Anton Mattle "gut miteinander" können. Für ihn ist eine Dreier-Koalition mit der ÖVP vorstellbar, aber auch dass "es vielleicht eine Vierer-Koalition ohne Volkspartei geben" könnte.
SPÖ-Chef Georg Dornauer will nur in einer Zweier-Koalition regieren. In einer Dreier-Variante könne es "immer nur Minimalkompromisse" geben. Wenn aber die ÖVP "abgewählt" werde, "müssen wir wohl alle unsere Meinungen überdenken".
"Erdbeben bis zum Ballhausplatz"
Mit der FPÖ will aktuell keine der anderen fünf Landtagsparteien koalieren. Parteichef Markus Abwerzger, der auf Plakaten den Landeshauptmann-Anspruch stellt, will sich davon nicht beirren lassen. Er rechnet am Wahlabend mit einem "Erdbeben, das bis zum Ballhausplatz (Sinnbild für die Bundesregierung) zu spüren sein wird."

Oppositionelle Männer-Riege: Dominik Oberhofer (Neos), Markus Abwerzger (FPÖ) und Georg Dornauer (SPÖ) - von links nach rechts
Neos-Chef Dominik Oberhofer hat sich zum Ziel gesetzt, Teil einer künftigen Regierung zu sein. Andrea Haselwanter-Schneider von der Liste Fritz will das Wahlergebnis abwarten und erst danach über Koalitionsoptionen sprechen.
Gegen Ende der Debatte kam er noch einmal zurück, der Elefant in der Spitzenrunde: die Koalitionsfrage. "Jetzt schon wird hinter deinem Rücken an Schwarz-Blau geschmiedet", behauptete Dornauer Richtung ÖVP-Chef Mattle kurz vor Sendungsende.

Hitzig wurde es selten
Für inhaltliche Debatten blieb in knapp einer Stunde wenig Zeit, nicht zuletzt wegen der Vielzahl an Kandidaten. Hitzig wurde es rund um das Thema Energie und Teuerung, das den Tiroler Wahlkampf dominiert. Im Fokus stand Landesenergieversorger Tiwag.
Streit um die Energiewende
Die müsse Vorreiter bei der Energiewende sein, forderte der grüne Klubobmann Gebi Mair, der Versäumnisse beim Ausbau der Photovoltaik bei der ÖVP ortete. SPÖ-Chef Georg Dornauer kritisierte Schwarz-Grün wieder dafür, dass Besitzer einer PV-Anlage monatelang auf Einspeis-Anschluss ans Stromnetz warten müssen.
FPÖ-Frontmann Abwerzger behauptete wiederum über die Tiwag: "Dort gibt es Spekulationsgeschäfte." Und wollte Klarstellung von Mattle, der bei dem Unternehmen Aufsichtsrat ist. "Eine Situation wie bei der Wien Energie wird es in Tirol nicht geben", versicherte der ÖVP-Chef.
Fünf Tage vor der Landtagswahl gab es keine überraschenden neuen Ansagen der Spitzenkandidaten mehr, die sich aber in der Live-Sendung auch keine Patzer mehr leisteten.
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