Teuerungen: Jeder Zweite muss schon beim Lebensmitteleinkauf sparen

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Laut einer SORA-Umfrage steigt die Armut in Österreich massiv an. Dafür sei in der Bevölkerung große Solidarität mit Armutsbetroffenen spürbar.

Der Andrang vor der Pfarre Gartenstadt in Wien-Floridsdorf ist am Donnerstagvormittag groß. Die Menschen warten darauf, dass die Essensausgabestelle Le+O der Caritas öffnet. Wurden vergangenes Jahr noch 17 Tonnen Lebensmittel pro Woche bei den 15 Ausgabestellen in Wien und Niederösterreich an armutsbetroffene Menschen verteilt, sind es jetzt bereits 26 Tonnen pro Woche.

Die Einrichtungen seien wie Seismografen der Gesellschaft, sagt der Wiener Caritas-Direktor Klaus Schwertner. "Noch ist es kein Erdbeben, aber der Seismograf schlägt schon aus."

Dass der Druck auf die Bevölkerung steigt, zeigt auch eine Befragung des Sozialforschungsinstituts SORA, die im Auftrag der Caritas durchgeführt wurde. Mehr als 1.000 Österreicherinnen und Österreicher wurden dabei in persönlichen Interviews zu den Teuerungen befragt. Dabei zeige sich, dass sich viele sorgen – um sich selber, aber auch um die Gesellschaft, sagt Sozialforscher Christoph Hofinger von SORA.

Mehr als die Hälfte gab an, dass sie bereits beim Lebensmitteleinkauf sparen müsste und sich darüber sorge, ob sie die Wohnung im Winter warmhalten könne (siehe Grafik). Besonders betroffen sind jene, die ohnehin schon wenig Einkommen zur Verfügung haben. Im untersten Einkommensdrittel sind es 72 Prozent, die "sehr" oder "ziemlich" große Sorge haben, sich verschulden zu müssen. Das sind 31 Prozentpunkte mehr als im österreichischen Durchschnitt.

Unterstützung gefordert

In der Pfarre herrscht trotzdem gute Stimmung. "Mit dem Essen hier komme ich eine Woche lang gut über die Runden", erklärt eine Dame, die sich und ihre 84-jährige Mutter damit versorgt. Erdäpfel wandern in ihr Einkaufssackerl, ebenso Zwiebel und Schwammerl. Für vier Euro gibt es bei Le+O Obst und Gemüse, Grundnahrungsmittel wie Brot, Reis oder Nudeln, aber auch Hygieneartikel.

 

Teuerungen: Jeder Zweite muss schon beim Lebensmitteleinkauf sparen

In der Bevölkerung kommt die Unterstützung für Bedürftige gut an – und soll aus deren Sicht sogar erhöht werden. Acht von zehn Befragten sprachen sich für eine Erhöhung von Sozialleistungen wie dem Arbeitslosengeld aus. Und das taten nicht nur finanzschwache Personen: 75 Prozent derjenigen, die angaben, derzeit noch keine finanziellen Einschränkungen zu spüren, sprachen sich für erhöhte Sozialleistungen für arme Haushalte aus.

Generelle Kritik an der Bundesregierung sei aber nicht angebracht, sagt Schwertner. Lobende Worte fand er etwa für den Klimabonus: "Die Einmalzahlungen machen für Menschen einen konkreten Unterschied." Jetzt gehe es aber darum, die Hilfen auf ein neues Niveau zu heben und sie zielgerichteter und vor allem nachhaltiger zu gestalten.

Selber will die Caritas die Hilfsangebote ausbauen und noch niederschwelliger werden, denn "niemand muss sich schämen, wenn er Hilfe braucht", so Schwertner.

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