Stadterweiterungsfonds: Für Sexarbeiterin hätte man nicht gespendet

Stadterweiterungsfonds: Für Sexarbeiterin hätte man nicht gespendet
Jedoch für musikalisch-pädagogisches Projekt einer albanischen Künstlerin.

Der Untreue-Prozess um den Wiener Stadterweiterungsfonds gegen vier aktuelle bzw. ehemalige Spitzenbeamte des Innenministeriums beginnt sich im Kreis zu drehen. Auch die Befragung von vier Vertretern begünstigter Organisationen am Mittwochvormittag beantwortete die grundsätzliche Frage, ob die Spenden dem Zweck des Fonds entsprachen, nicht.

Nach den Auftritten von Kardinal Christoph Schönborn und Ex-Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) am Vortag war am Mittwoch der ehemalige Raiffeisen-Banker Herbert Stepic die prominenteste Auskunftsperson. Eine von ihm gegründete und nach ihm benannte Charity-Organisation hatte für ein Waisenhaus in der Ukraine 100.000 Euro aus Mitteln des Stadterweiterungsfonds erhalten.

Dabei sei der damalige Fonds-Chef, der aktuelle Angeklagte J., an ihn herangetreten und habe ihm die Möglichkeit einer Zuwendung angeboten. J. habe "extrem sozial orientiert" gewirkt, daher habe ihm das Projekt in der Ukraine besonders gut gefallen, berichtete Stepic. Ob der Fonds diese Mittel seiner Organisation geben habe dürfen, hat Stepic nicht recht gekümmert: "Wundern tut man sich da nicht, man freut sich, weil man eine weitere Möglichkeit hat Gutes zu tun." Dass - wie von den vier Beklagten behauptet - die frühere Innenministerin Liese Prokop (ÖVP) angewiesen habe, den eigentlich für die Innenstadtverschönerung gewidmeten Fonds aus Kaisers Zeiten aufzulösen und mit den Mitteln Gutes zu tun, haber er nicht gehört.

Sehr wohl davon gewusst haben will der vormalige Leiter des Lion Clubs Ostarrichi, dessen Organisation 50.000 Euro für drei Kirchen-Renovierungsprojekte erhalten hat. Pikant an der Sache ist hier vor allem, dass der angeklagte Sektionschef V. damals Vize- und auch schon designierter Präsident des Clubs war und Lion die Spende selbst angetragen hat.

Grundsätzlich wurden am Vormittag wieder einzeln jene Projekte durchgekaut, für die umstrittene Spenden geflossen waren. Die Verteidigungslinie der Angeklagten blieb die gleiche wie in den vergangenen Tagen. Sämtliche Zuwendungen seien mildtätig oder gemeinnützg gewesen und die entsprechende Möglichkeit gebe nun einmal die Satzung, die sie selbst als Kuratorium erstellen hatten lassen, her.

Nicht in jedem Fall wirkte Richterin Claudia Moravec-Loidolt überzeugt, etwa wenn V. meinte, dass wissenschaftliche Gesellschaften eben auf Unterstützung angewiesen seien. "Aber nicht zwingend vom Stadterweiterungsfonds", replizierte Moravec-Loidolt trocken.

Die Richterin fragte die Angeklagten dann auch, ob es überhaupt irgendein Projekt gegeben hätte, das nach deren Auslegung nicht rechtskonform gewesen wäre. V. hätte parteipolitische Initiativen ausgeschlossen, Sektionschef H. Projekte, die Sexarbeiterinnen zu Gute gekommen wären. Sehr wohl spendenwürdig war hingegen ein musikalisch-pädagogisches Projekt einer albanischen Künstlerin oder eine Gabe an die Mirno More Friedensflotte.

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