Shoppingcenter gegen Innenstadt: Fall für Wettbewerbshüter

Geschäfte verlassen die Innenstadt in Richtung Shoppingmall
In Niederösterreich wurde eine Drogeriekette von Shoppingmall per Vertrag gezwungen, ihre Innenstadt-Filiale zu schließen.

Der Wettbewerb zwischen den großen Shoppingcentern und dem Handelsangebot der Innenstädte wird mit immer härteren Bandagen geführt. In einem Präzedenzfall wird der ausufernde Konkurrenzkampf nun sogar ein Fall für die Bundeswettbewerbsbehörde. In Wiener Neustadt hat das Shoppingcenter Merkur City eine Drogeriekette mittels einer Vertragsklausel dazu gezwungen, bis Jahresende ihren Standort in der Innenstadt zu schließen – noch dazu in einer Fußgängerzone, die gerade um drei Millionen Euro aus öffentlichen Mitteln generalsaniert wurde.

Die Stadtregierung und ÖVP-Bürgermeister Klaus Schneeberger wertet die Machenschaften als „feindlichen Angriff“ und einen „Versuch, die Innenstadt ausbluten zu lassen“. Die deutsche Drogeriekette Müller betreibt in Wiener Neustadt zwei Standorte. Einen in Innenstadt-Bestlage und den zweiten in der Shoppingmall Merkur City der milliardenschweren deutschen Investgruppe „KGAL“.

Müller WN

Drei Stockwerke

Weil Müller aus wirtschaftlichen Gründen die Innenstadt-Filiale auf drei Stockwerken aufgeben wollte, schaltete sich die Stadt zur Rettung der 70 Arbeitsplätze in die Causa ein, verhandelte eine Mietpreisreduktion und gab eine Ausfallshaftung. Ein Sideletter im Mietvertrag der Merkur City machte den Deal jedoch in letzter Sekunde zunichte. „Müller musste sich verpflichten, seinen Innenstadt-Standort zugunsten der Filiale im Shoppingcenter bis Jahresende zu schließen. Dieser Knebelvertrag lässt die Innenstadt ausbluten. Wir sind fassungslos“, erklärt Schneeberger.

Nachdem kürzlich auch ein schwedischer Moderiese unter ähnlichen Vorzeichen die Innenstadt in Richtung Merkur City verlassen hat und andere Unternehmer von ähnlichen „unmoralischen Angeboten“ berichten, vermutet die Stadtregierung eine gängige Praxis dahinter. Der Fall wird nun bei der Bundeswettbewerbsbehörde angezeigt, außerdem will Schneeberger als nö. ÖVP-Klubobmann in Bund und Land über gesetzliche Rahmenbedingungen verhandeln, die solche Praktiken unterbinden sollen.

Christian Harisch vom Centermanagement der Merkur City versteht die Aufregung nicht. „Über Vertragsdetails sprechen wir grundsätzlich nicht. Aber Radiusklauseln sind in Mietverträgen ganz normal. Wir befinden uns auf einem freien Markt“.

Andere Shoppingcenter sehen das anders. Die SES-Spar-Gruppe betreibt in Europa 30 Shoppingmalls, 19 davon in Österreich. „Wir schreiben keinem Händler vor, einen seiner Standorte in Innenstädten zu schließen. Eine enge Kooperation mit den Städten ist für uns besonders wichtig. Wir beraten Städte auch, was das Citymanagement oder die Shoppartner anbelangt“, sagt SES-Geschäftsführer Marcus Wild.

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