Sinah Edhofer: Ich bin in einem Haushalt aufgewachsen, in dem Sex immer ein Thema war. Man hat offen über alles reden können. Bei vielen Menschen werden diese Themen wahnsinnig tabuisiert. Periode, Intimbehaarung – da geht das schon los. Viele meiner Freundinnen hatten keine Ahnung, wie ihr Körper funktioniert. Wie finde ich heraus, was mein Körper kann und was mir gefällt? Das sind Themen, die einen von der Pubertät bis Anfang 30 beschäftigen.
Welche Themen sind für junge Leute besonders wichtig?
Soyel: Man hatte in der Schule nur den Biologie- und Aufklärungsunterricht, lernt in Wahrheit aber nichts Zwischenmenschliches. Es wurde immer nur gesagt, du sollst keine Krankheiten und keine Babys bekommen. Was zwischen zwei Menschen stattfindet, ist so viel mehr als nur das.
➤ Mehr zum Thema psychische Gesundheit liefert der KURIER-Podcast "Ich weiß, wie es ist,... "
Edhofer: Ich merke, dass vielen Leuten die Ansprechpersonen fehlen. Jeder stellt sich dieselben Fragen: Was ist normal? Sehe ich normal aus? Dann ist es schön, zu hören: "Wie du bist, wie du aussiehst und worauf du stehst, ist völlig in Ordnung."
➤ Hier mehr lesen: Neues aus der Sexualforschung: Die Top-3-Gründe für großartigen Sex
Welche Rolle spielen Eltern bei diesen Themen?
Edhofer: Es gibt den Spruch: "Man erzieht und erzieht und im Endeffekt machen einem die Kinder eh alles nach". Man muss die Dinge vorleben, Themen offen auf den Tisch legen. Wenn Eltern ihre eigenen Probleme ernst nehmen, werden es die Kinder auch tun. „Teenagerprobleme“, wie der erste Liebeskummer, werden oft nicht ernst genug genommen. Dabei ist gerade diese Phase so intensiv. Dass Eltern ein offenes Ohr haben, ist extrem wichtig – ob es in Anspruch genommen wird oder auch nicht. Hauptsache, man ist da.
Soyel: Bei Themen wie psychischer Gesundheit darf einfach nicht mehr länger weggeschaut werden. Die Zahl der Suizidversuche bei Teenagern in Österreich hat sich mittlerweile verdreifacht, sie haben oft das Gefühl, mit ihren Problemen alleine zu sein.
Zukunftsängste unter jungen Menschen nehmen zu: Habt ihr einen Rat?
Soyel: In unserer Leistungsgesellschaft denken viele, dass nur der Job zählt. Aber was erfüllt mich eigentlich? Vielleicht habe ich einen Job, der mich nicht so erfüllt, aber dafür ein tolles soziales Umfeld.
Edhofer: Das Vertrauen in die eigene Selbstwirksamkeit ist so wichtig. Man kann jeden Tag neu evaluieren: Bin ich zufrieden oder möchte ich was ändern? Wichtig ist nur, ins "Tun" zu kommen.
Welche Themen interessieren euer Publikum am meisten?
Edhofer: Die Kategorien "Eure schlimmsten Dating-Fails" oder "Eure krassesten Sex-Pannen" sind beliebt. Die Leute lieben es, die Geschichten anderer zu hören.
Soyel: Ich glaube, in uns allen steckt ein wenig Voyeurismus. Man kann das eigene Leben ein wenig mehr relativieren.
Kommentare