Vordernberg: Abläufe laut Ministerium korrekt

Ein modernes Gebäude steht an einem Flussufer mit spielenden Menschen im Hintergrund.
Die Sicherheitsfirma G4S sei nur für "nicht hoheitliche Aufgaben" zuständig, so Projektleiter Scherer.

Nach der Kritik der letzten Tage an der Vergabe von Aufgaben im geplanten Schubhaftzentrum im steirischen Vordernberg hat das Innenministerium am Donnerstag die Korrektheit der Abläufe bekräftigt. Hoheitliche Aufgaben würden ausschließlich von Polizisten und nicht von der privaten Securityfirma G4S geleistet werden, betonte Projektleiter Peter Scherer bei einem Hintergrundgespräch vor Journalisten. Nicht ein Privater betreibe das Schubhaftzentrum, sondern das Innenministerium.

Das Zentrum im Bezirk Leoben wird als PPP-Modell geführt, das bedeutet, dass für "nicht hoheitliche Aufgaben" private Dienstleister hinzugezogen werden. Die von der Gemeinde Vordernberg erfolgte internationale Ausschreibung hat G4S für sich entschieden. Die Gemeinde habe sich dabei klar an österreichisches und europäisches Vergaberecht zu halten gehabt, so Scherer. Der Bau befindet sich nun kurz vor seiner Fertigstellung und ab Jänner 2014 wird sukzessive, anfangs mit 55 Polizeibeamten, der Betrieb aufgenommen.

180 zusätzliche Arbeitsplätze

Laut einer Wertschöpfungsstudie könnten für die Region 180 zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen und 13 Mio. Euro an Wertschöpfung lukriert werden. Das private Unternehmen wird Tätigkeiten etwa in der Reinigung, bei der Verpflegung oder Betreuung erbringen.

"Wir brauchen nicht für jede Tätigkeit ein vollausgebildetes Polizeiorgan", erklärte Scherer. Auch "exekutive Unterstützungsleistungen" werden von Mitarbeitern der G4S erledigt. Dabei handle es sich etwa um einen Monitorposten am Eingang oder um Gepäckröntgen wie am Flughafen, so der Projektleiter weiter. Alles die Schubhaft selbst Betreffende obliegt der Verantwortung des Innenressorts.

Im Zentrum werde es auch rund um die Uhr medizinische Betreuung und etwa Sprachkurse - in Englisch - zur Beschäftigung der Schubhäftlinge geben. Auch ein Pilotbetrieb von "Tischbesuchen" ohne Glasscheibe ist geplant. In Vollbelegung sollen sich maximal 200 Schubhäftlinge im neuen Anhaltezentrum aufhalten.

Fragen zum Vertrag

Der Vertrag zwischen der steirischen Gemeinde und dem Innenministerium sei derzeit noch nicht öffentlich einsehbar, da es mitunter um die Rechte Dritter geht. Derzeit werde eine mögliche Offenlegung rechtlich geprüft. Scherer räumte ein, mit dem Österreich-Vorstand von G4S, Matthias Wechner, zu dessen Zeit im Innenressort zusammengearbeitet zu haben. Er betonte jedoch, dass das Vergaberecht eingehalten wurde.

Eine schiefe Optik, da es bei der Ausschreibung nur einen Bewerber gegeben habe, sieht Scherer nicht: "Wir hatten da keine Funktion." Zwar hätten sich mehrere Interessenten erkundigt, innerhalb der Frist habe es jedoch nur einen Bewerber gegeben. Der Zuschlag sei durch die Gemeinde erfolgt. In der Zuschlagskommission saßen auch zwei Vertreter des Ministeriums. Die Vertragsdauer von 15 Jahren verteidigte Scherer, es gehe hier schließlich auch um langfristige Investitionen, hieß es aus dem Ressort.

Drei Haupt-Zentren

Derzeit gibt es in Österreich 16 Anhaltezentren, zwei davon werden aufgrund des neuen Konzepts geschlossen. Vordernberg soll neben Wien und Salzburg künftig zu den drei Haupt-Zentren zählen. Die maximale Aufenthaltsdauer für einen Schubhäftling beläuft sich auf zehn Monate, im Durchschnitt sind es laut Ministeriumsangaben zwei bis drei Wochen, bis es zur Abschiebung kommt. Die Rückkehrberatung in Vordernberg ist derzeit noch nicht vergeben, zwei Bewerbungen wurden bisher verzeichnet.

Kritik hat am Donnerstag in einem Interview mit dem Standard der Menschenrechtsexperte Manfred Nowak geübt. Aus seiner Sicht werde sich nicht verhindern lassen, dass Sicherheitsleute dort Gewalt ausüben werden. Das geplante Modell hielt er für "höchst problematisch" und die Aufgabenteilung zwischen Polizei und Sicherheitsfirma werde man sich genau anschauen müssen, so Nowak.

Wie genau die Flüchtlingsströme nach Österreich aussehen, zeigt die interaktive Landkarte.

(Die Karte lässt sich mit einem Klick auf das Kreuz-Symbol in der Leiste rechts oben bewegen).

Die Abwanderungsgemeinde Vordernberg im Bezirk Leoben verblüffte im September 2009 mit seiner Bewerbung für ein geplantes Schubhaftzentrum. Davor hatte es heftige Debatten über die Standorte für ein zusätzliches Erstaufnahme- sowie ein Schubhaftzentrum im Süden Österreichs gegeben. Aus dem ursprünglich für das Schubhaftzentrum ins Auge gefassten Leoben, das schon ein Justizzentrum beherbergt, kam ein Njet.

Der Schritt Vordernbergs und seines SPÖ-Bürgermeisters Walter Hubner war von der Landespolitik durchaus gewollt und vermutlich akkordiert: Landeshauptmann Franz Voves (SPÖ) war mit der Bewerbung das Problem eines möglichen, politisch noch heikleren Erstaufnahmezentrums los. So eines hätte im südburgenländischen Eberau errichtet werden sollen, wurde aber im Februar 2010 per Bürgervotum (90 Prozent dagegen) verhindert.

Hubner schaffte es dagegen, in einer Bürgerbefragung knapp 70 Prozent hinter das Projekt zu scharen. Argumentiert wurde mit Einnahmen und Arbeitsplätzen für die Region. Die 1055 Einwohner zählende Marktgemeinde hatte mit der Zentralisierung der Eisenproduktion an wirtschaftlicher Bedeutung und seit Anfang der 1960er-Jahre nahezu zwei Drittel der Einwohnerschaft verloren.

Ganz so reibungslos verlief die Realisierung des Schubhaftzentrums dann aber doch nicht: Im Zuge der Flächenwidmungsplanänderung stellte sich heraus, dass für das ursprünglich der VA Erzberg GmbH gehörende Grundstück ein Hochwasserschutz notwendig war, für den weitere Flächen benötigt wurden. Der Baubeginn, zunächst für Herbst 2010 avisiert, verzögerte sich bis März 2012.

Im Oktober gab es für Hubner eine weitere Bewährungsprobe: Nach fast finalisierten Verhandlungen über eine neue Modellregion mit Trofaiach, Gai und Hafning - man sprach damals von einem „Testfall“ für die steirische Gemeindestrukturreform - zog er im September 2012 die Reißleine: Wenige Tage vor der Volksbefragung, die mit 81,2 Prozent Nein-Stimmen recht deutlich gegen eine Fusion ausging, änderte er seine Meinung, weil es für ein Zusammengehen noch zu früh sei.

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