"Die österreichische Polizei ist ohne ausreichende Überwachung immer einen Schritt hinter den Kriminellen. Banden aus dem umliegenden Ausland wissen nämlich sehr genau, wo welche Gesetze gelten und wie sie sie ausreizen können. Um die Grenzen der Gesetze zu testen, wird auch gerne ausprobiert. Taschendiebe sind zum Beispiel teilweise ohne und teilweise mit Personalausweis stehlen gegangen.
Als die Kriminellen bemerkt haben, dass man in Österreich erst ab 14 strafmündig ist, haben sie dann eben nur mehr junge Mädchen auf Diebestour geschickt, gegen die die Polizei keine Handhabe hat. Genauso ist das mit der Überwachung. Kriminelle nutzen Technik und Digitalisierung auf hohem Niveau. Ohne ausreichenden technischen Möglichkeiten, kann die Exekutive da einfach nicht mithalten. Weil die Kriminellen das wissen, werden sie vermehrt nach Österreich kommen und hier ihre Geschäfte abwickeln. Unser Land wird dadurch langsam zu einem Eldorado für Kriminelle. Das liegt auch daran, dass Ermittler derzeit lange Behördenwege und Gerichtsbeschlüsse abwarten müssen, bevor sie in konkreten Verdachtslagen einschreiten können. Natürlich ist die Überwachung zu einem gewissen Punkt auch eine Einschränkung der privaten Rechte jeden Bürgers. Mir persönlich ist es aber wichtig, dass Kriminelle ausgeforscht werden oder gar nicht erst herkommen. Das ist vor allem Sinne der Opfer von Verbrechen. Ihnen wird geholfen – oder sie werden erst gar nicht zu Opfern."
Gerhard Haslinger ist FPÖ-Mandatar im Wiener Landtag und Gemeinderat und seit 1982 Polzeibeamter bei der Landespolizeidirektion Wien.
Wie sieht es die Gegenseite?
"Dass das Überwachungspaket grundrechtswidrig ist, wurde seit Jahren von Kritikerinnen und Kritikern wie epicenter.works immer wieder vorgebracht. Heute hat der Verfassungsgerichtshof den Bundestrojaner und die anlasslose Massenüberwachung von Kfz-Lenkern aufgehoben, weil sie Grundrechte verletzen. Er hat zugleich die vertrauliche Nutzung von Computersystemen gestärkt und die Gefahr für Meinungs- und Versammlungsfreiheit benannt, die bei überschießender Überwachung besteht. Ein Bundestrojaner ist eine Gefahr für die IT-Sicherheit aller, weil er nur funktioniert, wenn Sicherheitslücken in Betriebssystemen offenbleiben, die in Folge auch von Kriminellen genutzt werden können. Und das zu einem Zeitpunkt, wo Cyberdelikte die am schnellsten steigende Form der Kriminalität sind. Der Fall zeigt, wie wichtig der VfGH als letztes Sicherheitsnetz für die demokratischen Grundfreiheiten ist. Doch solche Verfahren kosten Arbeit, Zeit und Geld und sind manchmal – wie in diesem Fall – überhaupt nur durch die Anträge der Abgeordneten möglich. Es zeigt einen fehlenden Respekt unserer Grundrechte, wenn eine Regierung sehenden Auges grundrechtswidrige Gesetze beschließt. Dass die FPÖ, statt diesen Fehler einzugestehen, heute weiterhin auf dem Bundestrojaner beharrt, beweist, dass sie unsere Freiheitsrechte im Grunde nicht anerkennt. Nach drei Anläufen in den letzten drei Jahren muss es mit staatlicher Spionagesoftware endlich ein Ende haben."
Angelika Adensamer ist Juristin bei der Bürgerrechtsorganisation epicenter.works, die Proteste gegen das Überwachungspaket organisiert hat.
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