„Ich habe nicht vor, in der Politik unglücklich zu werden“

„Ich habe nicht vor, in der Politik unglücklich zu werden“
Der ÖVP-Politiker will 2020 noch einmal kandidieren, aber nicht als Politiker in Pension gehen

 

Christian Sagartz ist trotz seiner Jugend einer der erfahrensten Politiker der burgenländischen ÖVP. Der 37-jährige Pöttschinger sitzt seit 2005 im Landtag. Nach Jahren an der Spitze der Jungen Volkspartei und als Parteimanager ist der Absolvent von Studien der Politik- und Rechtswissenschaften seit 2015 Klubobmann der größten Oppositionspartei im Landtag.

KURIER:Wie schwierig war es, aus Mandataren einer Regierungspartei Oppositionspolitiker zu machen?

Christian Sagartz: Wir haben unsere Rolle gefunden, aber der Weg war nicht einfach, denn die ÖVP will immer gestalten. Zudem sind viele unserer Abgeordneten auch in der Kommunalpolitik und dort als Bürgermeister oder Gemeinderat in der Mehrheitsfraktion, während sie im Landtag Teil der Opposition sind. Dieser Rollentausch ist manchmal herausfordernd.

War die Umstellung wirklich so groß? Auch in der rot-schwarzen Landesregierung wurde gegeneinander opponiert.

Man saß aufgrund des Proporzes automatisch gemeinsam in der Regierung, dort hat die ÖVP ihre Standpunkte vertreten. Die 2015 erstmals in freier Koalition gebildete rot-blaue Regierung war bisher bis auf wenige Ausnahmen eine SPÖ-Alleinregierung. Erst seit dem Eintritt der FPÖ in die Bundesregierung ist den Blauen im Land klar, dass die Anbiederung an die SPÖ nicht mehr passt.

Tut sich damit im Hinblick auf die Landtagswahl 2020 für die ÖVP eine Option auf?

Man muss mit allen gesprächsbereit sein und ich persönlich habe, seit ich im Landtag sitze, sehr gute Kontakte zu den Freiheitlichen, aber auch zu den Grünen.

Leicht würde es wohl nicht, die Blauen abzuwerben, denn die SPÖ scheint sie mit allen Mitteln und auf allen Ebenen bei Laune halten zu wollen – zuletzt durch die Stimme des burgenländischen ORF-Stiftungsrats Werner Dax für FPÖ-Mann Norbert Steger als Chef des ORF-Aufsichtsgremiums?

Das war eine schallende Ohrfeige für SPÖ-Chef Christian Kern, dem es nicht einmal gelingt, die drei roten Bundesländer zusammenzuhalten.

Zurück ins Land: Soll es 2020 wieder eine kleine Koalition in welchen Farben auch immer geben oder wieder Rot-Schwarz?

Ich schließe nichts aus. Auch nicht, dass die ÖVP als Zweite nach dem Landeshauptmann greift? Ohne das Wahlergebnis zu kennen, ist eine Diskussion darüber müßig. Aber nochmals, ich schließe nichts aus.

Zweifeln Sie daran, dass die SPÖ mit Landesrat Hans Peter Doskozil ins Rennen geht?

Ich gehe davon aus. Aber selbst wenn es in der ersten Reihe keinen Machtkampf geben sollte, dann in der zweiten und dritten. Die SPÖ spielt intern sehr mit den Themen Angst und Machtverlust. Klubchef Robert Hergovich musste schon gehen, Landesrätin Verena Dunst Kompetenzen abgeben und die Gerüchte, dass Landesrat Norbert Darabos bald den Hut nehmen muss, verstummen nicht

ÖVP-Spitzenkandidat wird Parteichef Thomas Steiner?

Er hat meine volle Unterstützung. Wir haben einen klaren Fahrplan, die Entscheidung fällt spätestens Anfang 2019 beim Parteitag.

Wären Sie bereit, wenn er es nicht macht?

Die Frage stellt sich jetzt überhaupt nicht.

Was Sie schon machen, ist den Chef des Arbeitnehmerflügels der ÖVP. Warum haben Sie sich den ÖAAB-Obmann aufgehalst?

Die ÖVP-Teilorganisationen stehen vor großen Herausforderungen, wir wollen den ÖAAB modernisieren und neu aufstellen.

Warum nicht lieber auflösen, seit Sebastian Kurz ÖVP-Bundeschef ist, sind die Bünde ohnehin machtlos?

Das Gegenteil ist der Fall, die Frage ist, ob die Bünde in Konkurrenz zueinander stehen oder man im Konsens was weiterbringt. Sebastian Kurz versteht es sehr gut, alle in ein Boot zu holen.

Das geht wohl nur bis zu den ersten Wahlniederlagen so weiter?

Das geht, so lange ein Bundeskanzler und Bundesparteichef die Gemeinschaft zusammenhält. Das ist bei guten und schlechten Ergebnissen möglich.

Hat das nicht auch mit der vielzitierten „Message Control“ zu tun, die gegenteilige Meinungen ausspart?

Das ist doch eine absolute Verkürzung. Kurz gelingt es, die Partei zusammenzuhalten. Das hat zu einer gewissen Hemmung geführt, Egoismen auszuleben.

Die burgenländische ÖVP hat sich als eine der ersten für den früheren JVP-Chef Kurz als ÖVP-Obmann stark gemacht. Auch im Burgenland hat die Junge Volkspartei das Sagen. Sie waren ebenso JVP-Chef wie Parteigeschäftsführer Christoph Wolf und auch der aktuelle Chef Patrik Fazekas spielt eine wichtige Rolle. Was sagen da die Altvorderen in der Partei dazu?

Meine Aufgabe als Klubobmann ist es, das Gemeinsame zu fördern. Ich sehe kein Konfliktpotenzial.

Aber was ist mit den früheren Regierungsmitgliedern Michaela Resetar und Franz Steindl, der Parteichef war, als Sie ÖVP-Landesgeschäftsführer wurden. Jetzt sind Sie sein Chef?

Das war natürlich gewöhnungsbedürftig. Aber nachdem jeder seine Aufgabe im Klub hat, hat sich das relativ schnell eingespielt.

Er anerkennt Ihre Rolle?

Ich sehe nirgends Widerstand.

Wie sehr muss ein Politiker bei Loyalitäten flexibel sein? Steindl hat Sie in die Landespolitik geholt, er wurde von seinem früheren Bürochef Thomas Steiner abgelöst, Sie sind jetzt Teil des Steiner-Teams...

Meine Rolle ist es, die Gemeinschaft zusammenzuhalten und das ist unterm Strich gut gelungen. Dass dabei nicht jeder dein bester Freund ist, liegt in der Natur der Sache.

Sie sind 37 Jahre und haben schon viele Funktionen in der ÖVP bekleidet. Wollen Sie als Politiker in Pension gehen?

Sicher nicht. Aber so lange ich noch Ideen habe, die ich verwirklichen möchte, würde ich gerne weitermachen. Ich mache mir persönlich keine Sorgen, es gibt viele Dinge, die mich genauso interessieren wie die Politik.

Aber 2020 kandidieren Sie noch einmal?

Ja, ich möchte.

Nach der politischen Karrierelogik müssten Sie dann Landtagspräsident oder Landesrat werden?

Wenn man sich auf diese Logik versteift, wird man sehr unglücklich. Ich habe nicht vor, in der Politik unglücklich zu werden.

Vielleicht hilft Ihnen da der offene Umgang mit Privatem: Sie haben zuletzt in einer Landtagssitzung eine frühere Krebserkrankung thematisiert. Warum eigentlich?

Ich rede immer offen darüber, schließlich war es eine prägende Erfahrung, mit 23 Jahren lebensbedrohlich zu erkranken. Ich glaube, das hat mich feinfühliger gemacht und auf lange Sicht sicher auch gelassener.

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