Zugschaos in Ostösterreich: Zweifel an der offiziellen Version

Ein Stellwerksausfall habe das Zugschaos am „Tag der Pünktlichkeit“ ausgelöst. So lautete die Erklärung der ÖBB fast den gesamten Tag über. Tatsächlich gibt es über 600 dieser Stellwerke in Österreich, rund ein Drittel davon funktioniert vollelektronisch. Gesteuert werden von diesen die Weichen und Signale einer Region. Ausfälle gibt es immer wieder, meist sind diese lokal beschränkt.
Doch die 250 Züge (davon 20 überregionale) blieben an den verschiedensten Orten stehen – nicht nur in Wien, auch am Semmering oder im nördlichen Burgenland. Reisende berichteten, dass ihre Züge wenige Meter vor Bahnhöfen gestoppt wurden. Das Problem war offensichtlich größer als angegeben.
Dazu muss man wissen, dass es in Österreich fünf Betriebsführungszentralen (BFZ) in Innsbruck, Salzburg, Wien, Villach und Linz gibt. Jene in der Laxenburger Straße in Wien-Favoriten ist die größte, das Schmuckstück der Bahn. Von hier aus wird die gesamte Region Ost gesteuert – etwa der Semmering, Wien oder das nördliche Burgenland. Fällt dieses Herzstück der Bahn aus, was eigentlich nie passieren dürfte, dann würden alle Signale auf „Halt“ gehen und die Züge vermutlich auf freier Strecke stoppen, heißt es in einem Eisenbahn-Fachforum.
"Zentrale Komponente ausgefallen"
Ein einstündiger Totalausfall der zentralen BFZ wäre wohl ein „Tag der Peinlichkeit“, schließlich handelt es sich um die Kerninfrastruktur des Landes. Wie kann so ein wichtiges Element so lange außer Betrieb sein? Wie kam das und warum gab es kein redundantes Sicherheitssystem? War tatsächlich die BFZ Wien ein Komplettausfall?
Bei einer Anfrage des KURIER zeigen die ÖBB wenig von der versprochenen Transparenz, falls es zu Unpünktlichkeiten am „Tag der Pünktlichkeit“ kommen sollte. Lapidar heißt es: „Grund war der Ausfall einer zentralen Komponente, der zu einer technischen Störung führte. Der Schaden konnte behoben werden und an der Analyse wird gearbeitet. Die Sicherheit der Reisenden war zu keinem Zeitpunkt gefährdet.“
Tatsächlich dürfte auch die Höchstgeschwindigkeitsstrecke der Westbahn betroffen gewesen sein. Passagiere berichteten, dass dort noch länger nur Tempo 160 statt 230 gefahren werden konnte. Offenbar war auch das Sicherungssystem ECTS außer Betrieb.
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