Nach Mordauftrag aus der Zelle: Was die Justiz jetzt plant

THEMENBILD-PAKET: JUSTIZANSTALT / STRAFVOLLZUG / MASSNAHMENVOLLZUG
Ein Mafiamitglied hatte im Gefängnis offenbar unbeschränkten Zugang zu Handys. Die soll er für kriminelle Machenschaften genutzt haben. Wie das möglich ist und was die Justiz dagegen unternehmen will.

Dass die Balkanmafia in Österreich hochprofessionell und äußerst gewaltbereit Fuß gefasst hat, ist bittere Realität. Die Polizei hält dagegen. Zahlreiche schwerkriminelle Clan-Mitglieder wanderten in den vergangenen Jahren hinter Gitter. Wer glaubt, dass die vor allem serbischen und montenegrinischen Gangster damit geläutert sind, der irrt: „Das sind Berufsverbrecher, wir brauchen uns nichts vormachen. Aus diesen Clans kommt man gar nicht mehr raus“, weiß Daniel Lichtenegger, Leiter des Suchtmittelbüros im Bundeskriminalamt.

Das geht so weit, dass die verurteilten Bandenmitglieder ihre kriminellen Machenschaften auch in den Justizanstalten nicht einstellen, wie der aktuelle Fall eines 27-jährigen Serben zeigt. Der siebenfach vorbestrafte Häftling hatte in seiner Zelle in der Justizanstalt Stein-Krems gleich acht Mobiltelefone. Mit diesen gab er offenbar nicht nur – knapp gescheiterte – Morde in Auftrag, sondern plante eine spektakuläre Flucht, betätigte sich als Schlepper und versorgte seinen Block mit Kokain und sonstigen Drogen.

Von Handys im Häf’n und Koks im Kittchen

All das wirft die Frage auf, wie Handys und verbotene Substanzen in rauen Mengen ihren Weg in den streng überwachten Strafvollzug finden. Eine generelle Antwort darauf gibt es nicht, denn die Kriminellen sind kreativ. Wird ein Weg unterbunden, tut sich rasch ein neuer auf. Dabei reicht das Spektrum von „Oldschool“- bis zu „Hightech“-Methoden. So werden Suchtgift und Mobiltelefone nach wie vor einfach über Gefängnismauern geworfen und beim Hofgang aufgesammelt. Reagieren Justizanstalten mit hohen Fangnetzen, greifen die Helfer von außerhalb immer öfter zu Drohnen.

Dann gibt es noch die menschliche Komponente. Ob Lieferant, Besucher, Hausarbeiter, Anwalt oder Justizwachebeamter – irgendwo stoßen die Inhaftierten fast immer auf (bezahlte) „Hilfsbereitschaft“. Dass der Kreativität keine Grenzen gesetzt sind, zeigte jüngst ein Fall in Costa Rica, wo ein Kätzchen als Drogenkurier genutzt wurde.

Dazu kommen Freigänge und Arztbesuche, bei denen die Strafgefangenen laut Lichtenegger nicht zimperlich sind und sich die Schmuggelware sogar rektal einführen.

Störsender als Lösung?

Seitens Justiz wird das Problem – das sich keineswegs auf Österreich beschränke – nicht kleingeredet. Wenngleich auf die laufende Identifikation von Schwachstellen und gründliche Kontrollen verwiesen wird. Justizministerin Anna Sporrer (SPÖ) kündigte außerdem den Einsatz neuer Technologien an: „Wir sind ständig am Aufspüren der Wege, wie so etwas hineingelangt. Es gelingt offenkundig nicht nahtlos. Wir werden lückenlos prüfen, wie das in dem Fall sein konnte. Außerdem gibt jetzt Störsender.“

Neu ist diese Idee nicht. Schon seit 2010 wird deren Einsatz in Gefängnissen diskutiert. Doch realisiert wurde sie bis heute nicht. Das Problem: Zu starke Störsignale machen die Mobiltelefone der Nachbarn unbrauchbar. Dennoch wurde nun der Probebetrieb aufgenommen. Ein entsprechendes Gesetz für den flächendeckenden Einsatz soll im September folgen.

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Kriminalist Lichtenegger: „Abschottung gibt es nicht.“

Bis es so weit ist (aber auch danach), setzen Justiz und Kriminalisten auf engen Austausch, wie Lichtenegger betont. Dabei gehe es um Informationen zu Häftlingen, aber auch um gezielte Kontrollen mit Polizeipräsenz. „Außerdem läuft ein Pilotprojekt mit Detektoren, die Einschleusung von Gift verhindern sollen“, so der Ermittler, der in dem „bedauerlichen“ aktuellen Fall kein Versagen der Justizwache sieht.

Im Vergleich zu anderen Ländern, wo Gefängnisse bereits eine eigene Drohnenabwehr bräuchten oder Ermittlungseinheiten für Justizanstalten eingerichtet wurden, sei die Situation hierzulande unter Kontrolle.

Dass aber selbst die besten Schutzmechanismen keine vollständige Abriegelung der Haftanstalten bedeuten, ist für Lichtenegger klar. Er nennt das Beispiel einer Kinderzeichnung, die in einer Zelle hing. Die gemalte Sonne des vermeintlichen Geschenks war mit einer psychoaktiven Substanz beträufelt. „Nichts ist unmöglich“, weiß der erfahrene Ermittler.

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