Menschenhandel: Kein Geld mehr für die Opfer-Betreuung
Sie leben in Armut, werden oft in kleinen Dörfern rekrutiert. Das Versprechen: ein Job im Ausland, etwa als Zimmermädchen, und ein vergleichsweise guter Verdienst. Doch kaum sind sie im Ausland angekommen, wird der Pass eingezogen. Die Frauen werden in die Prostitution gezwungen. Männer müssen sich im Baugewerbe ausbeuten lassen, Kinder betteln oder stehlen. Geld sehen sie keines, dafür sind Gewalt und Drohungen tägliche Begleiter.
Menschenhandel macht vor den EU-Grenzen nicht halt. Jährlich werden im EU-Raum Tausende Fälle registriert. Die Dunkelziffer ist deutlich höher. Norbert Ceipek kämpft seit Jahren gegen das Problem. Lange Jahre leitete der Niederösterreicher die „Drehscheibe“ in Wien – die Einrichtung betreut minderjährige Opfer von Menschenhandel. Seit seiner Pensionierung lebt Ceipek in Bulgarien – und hat dort 2016 ein Zentrum für Opfer des Menschenhandels eröffnet. Die bulgarische Regierung bekommt für dieses und ähnliche Opferschutz-Projekte EU-Gelder. Doch die fließen seit Monaten nicht mehr an die Einrichtungen weiter. Mit Monatsende könnte daher Schluss sein.
Auch zwei Kinder
Ceipeks Zentrum liegt in Burgas. Eine Stadt, die eigentlich für ihre schönen Strände bekannt ist. Genau hier kümmert er sich (ehrenamtlich) mit einem vierköpfigen (hauptamtlichen) Team (eine Juristin, ein Psychologe und zwei Sozialarbeiter) aktuell um zwei Frauen, zwei Kinder und einen Mann. Sie alle wurden als Opfer von Menschenhandel in Deutschland zurück in ihre Heimat gebracht. Zu ihren Familien oder in ihre Heimatdörfer können sie nicht mehr. „Dann sind sie ganz schnell wieder Opfer“, sagt Ceipek.
Oft haben die Menschen ein jahrelanges Martyrium hinter sich. Manche haben schwere körperliche Verletzungen, alle sind traumatisiert.
Betreuung
„Wir betreuen sie hier maximal neun Monate lang. Sie bekommen medizinische Versorgung, aber auch psychologische. Und wir helfen ihnen dabei, ein neues Leben zu beginnen“, schildert Ceipek. In einigen Fällen spielen diese Menschen auch eine wichtige Rolle in Gerichtsverfahren.
Insgesamt 250 Opfer wurden in Ceipeks Zentrum seit der Gründung betreut. Doch damit könnte in Kürze Schluss sein. „Seit Februar haben wir kein Geld mehr gesehen. Aber nicht nur uns geht es so. Auch die Opferschutz-Einrichtungen in Sofia und Varna stehen vor dem Aus“, beschreibt Ceipek. Schreiben an die bulgarische Regierung bleiben unbeantwortet.
Norbert Ceipek kämpft für den Opferschutz
Mitarbeiter sehen kein Geld mehr, Rechnungen können nicht bezahlt werden, medizinische Behandlungen sind nur möglich, weil Ärzte auf einen Teil ihres Honorars verzichten. Noch.
Findet sich keine Lösung, kann die Betreuung der Menschen nicht mehr fortgesetzt werden. „Aber was passiert dann mit den Leuten? Mein Arzt hat mir verboten, mich aufzuregen. Aber ich bekomme so einen geschwollenen Hals“, ist Ceipek wütend.
Wer mit einer Spende helfen will:
Konto: Nevena Ceipek; IBAN: BG48FINV91501017 642752; BIC/SWIFT: FINVBGSF
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