Masern: Keine Aufnahme von Impfpflicht in Mutter-Kind-Pass

Mutter-Kind-Pass
Einigen konnte man sich nur auf den kleinsten gemeinsamen Nenner: mehr Aufklärung. Kritik kommt von der Ärztekammer.

Die Landesgesundheitsreferenten und Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) haben sich am Freitag in Villach auf den kleinsten gemeinsamen Nenner bei Masernimpfungen geeinigt: noch mehr Aufklärung und Motivation. Eine Impfpflicht im Mutter-Kind-Pass, wie ihn die ÖVP-Landesräte aus Oberösterreich, Steiermark, Tirol, Vorarlberg und Niederösterreich wollen, wurde nicht durchgebracht.

Die Kärntner Gesundheitslandesrätin Beate Prettner (SPÖ) sprach von intensiven Diskussionen, speziell beim Thema Masernimpfpflicht. Die Landesräte haben dazu bekanntlich unterschiedliche Positionen: Während Prettner sowie Peter Hacker aus Wien und Ulrike Königsberger-Ludwig (alle SPÖ) von einem "Tabubruch" sprachen, sollte es eine Impfpflicht geben, blieben die Landesräte der ÖVP bei ihrer Position, wonach eine Eintragung im Mutter-Kind-Pass am effektivsten wirke, um die Durchimpfungsrate auf 95 Prozent zu heben.

"Kein Streit"

Königsberger-Ludwig betonte, es habe "keinen Streit, sondern unterschiedliche Meinungen" zu dem Thema gegeben. Das Ziel - 95 Prozent Durchimpfungsrate - eine die Referenten. Problem sei, dass man zwischen erster und zweiter Impfung viele Eltern "verliere". Verpflichtende Beratungen, die im Mutter-Kind-Pass vorgeschrieben werden sollen, könnten die Lösung sein. Außerdem soll mit dem elektronischen Impfpass ein "Erinnerungstool" eingebaut werden. Die Integrität des einzelnen Menschen dürfe nicht angetastet werden, meinten die SPÖ-Landesräte.

Martin Eichtinger, Niederösterreichs ÖVP-Landesrat, unterstrich den Rückhalt seiner Partei für den Vorschlag der oberösterreichischen Gesundheitslandesrätin Christine Haberlander. Aktuell rund 80.000 Fälle in Europa seien ein deutliches Zeichen dafür, dass Aufklärung nicht reiche. "Wir wollen keine generelle Impfpflicht mit Sanktionen, aber eine Pflicht bei den Masern wäre geboten", so Eichtinger. Man wolle die Masern, wie vor Jahrzehnten die Pocken, ausrotten.

Status überprüfen

Ministerin Hartinger-Klein wolle nicht von Panik oder Epidemie sprechen und verwies ebenfalls auf den elektronischen Impfpass mit Erinnerungsfunktion. Außerdem wolle sie im Gesundheitsbereich alle öffentlichen Stellen dazu auffordern, den Impfstatus bei Mitarbeitern zu überprüfen. Immunität müsse nachgewiesen werden. Die Kammer etwa soll Ärzte im niedergelassenen Bereich anschreiben. Zusätzlich sollen künftig auch Schulärzte Rechtssicherheit bei Impfungen bekommen und auch Betriebsärzte sollen noch mehr Impfungen durchführen. "Keine Pflicht, keine Bestrafung, sondern Beratung und Aufklärung", so das Motto. Seitens der ÖVP-Landesräte war das Thema nach der Konferenz noch nicht vom Tisch. Sie wollen weiter für die Eintragung im Mutter-Kind-Pass kämpfen.

Neben den Impfungen wurden eine Reihe von anderen Themen angesprochen und Beschlüsse gefasst: Es wird einen neuen gesetzlichen Rahmen für den öffentlichen Gesundheitsdienst geben, das Schulärzte-System soll gestärkt werden und der Pool für Ärzte, die Unterbringungsuntersuchungen durchführen, soll größer werden. Weiters wurde die Health Technology Assessment GmbH gegründet, die unter anderem evidenzbasierte Medizindaten sammeln und in der Medizintechnologie forschen soll.

Ärztekammer: "Brauchen jetzt eine Lösung"

Die Österreichische Ärztekammer (ÖÄK) hat die Entscheidung am Freitagabend kritisiert. "Das Konzept von Information und Aufklärung ist ausgereizt – es bedarf nun regulatorischer Maßnahmen", sagte Rudolf Schmitzberger, Leiter des Impfreferates der ÖÄK.

Der elektronische Impfpass sei eine gute Sache, aber bis dieser wirkungsvoll implementiert sei, "ist das aktuelle Problem explodiert – wir brauchen jetzt eine Lösung", betonte Schmitzberger in einer Aussendung. Man werde sich weiterhin mit voller Kraft für die Einführung einer generellen Impfpflicht einsetzen.

Anders lasse sich die von der WHO empfohlene Durchimpfungsrate von 95 Prozent bei Masern nicht erreichen, sagte Schmitzberger. Als Beispiel führte er Italien an, wo seit der Einführung der Impfpflicht die Durchimpfungsrate von 86 auf 94 Prozent angestiegen ist. "Die Impfpflicht funktioniert", betonte der Leiter des ÖÄK-Impfreferates.

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