"Wir haben Hoffnung, dass die neue
Regierung auf den Wunsch der Bevölkerung hört. Wir haben eine Umfrage gemacht und dabei ist herausgekommen, dass sich 78 Prozent aller Österreicher eine breite Verfügbarkeit von CBD wünschen", sagt Sofie Sagmeister, Gründungsmitglied des CBD-Shops Magu.
Problematisch sei vor allem, dass sich Unternehmer durch den Hartinger-Klein-Erlass in einer rechtlichen Grauzone bewegen. Dadurch gibt es keine Kontrollinstanzen, welche die Qualität des
Cannabis prüfen. "Untersuchungen haben gezeigt, dass viele Produkte Pestizide enthalten. Gäbe es einen rechtlichen Rahmen, könnte das verhindert werden", sagt
Sagmeister. Auf die mangelhafte Qualitätssicherung verweist auch der Wirtschaftsverband
Cannabis. Das Geschäft mit dem "Gras" ist zudem ein Wirtschaftsfaktor mit bisher weitgehend ungenutztem Potenzial.
Da der Staat bisher nicht handelte, ergriffen mehrere CBD-Shops die Initiative und gründeten einen gemeinnützigen Verein samt eigenem Gütesiegel. Bei der ARGE Canna werden CBD-Produkte überprüft und Patienten über die Wirkungsweise des Cannabiskrauts informiert.
Dass die Grünen prinzipiell Cannabis-freundlich sind, zeigten sie in der Vergangenheit immer wieder. Schluss mit Vorurteilen und Stigmatisierung. Die medizinischen Möglichkeiten von
Cannabis sollten endlich ausgeschöpft werden – hieß es beispielsweise im März 2017 in einer Presseaussendung der Grünen. Im Mai 2019 verteilte die
Grüne Studentenvertretung sogar CBD-Tee und Sticker mit der Aufschrift Yes we can-nabis und forderte eine komplette Legalisierung.
Auf KURIER-Anfrage an den neuen Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Die Grünen) hielt man sich zunächst bedeckt, hinterließ aber einen kleinen grünen Lichtstrahl am Horizont der Konsumenten und Unternehmer: "
Cannabis bietet Verbesserungen in medizinischen Anwendungsbereichen wie der Schmerz-Therapie. Es wird in der zweiten Jahreshälfte eine Expertenanhörung zu Verbesserungen bei der medizinischen Verwendung durchführt. Dann wird sich klären, welche Verbesserungen wie umgesetzt werden können."
Wirtschaftsfaktor Cannabis
Laut "Wirtschaftsverband
Cannabis" beschäftigen die rund 300 heimischen Betriebe 1.500 Menschen und erwirtschaften 250 Millionen Euro jährlich. Das könnte sich vervielfachen – jedoch nicht mit der gültigen Rechtslage.
Besonders der Hartinger-Erlass wird von den Branchenvertretern als Schuss ins eigene Knie qualifiziert. Der habe nämlich dazu geführt, dass die Händler ihr Angebot wie etwa Öle zu Aromaprodukten umdeklariert und damit legal weiterverkauft hätten. Verloren gingen lediglich die Konsumenteninformation und die Qualitätskontrolle.
Und das ist nur eine von mehreren Baustellen in der zerspragelten heimischen Gesetzgebung. "Eine klare Linie" fordern daher Stefan Wolyniec und Martin Bauer vom "Wirtschaftsverband". Ihr Wunsch ist ein alle Anwendungsgebiete umfassendes Cannabisgesetz – "damit die Schmähperiode ein Ende hat und endlich Klartext geredet wird".
Laut Wolyniec und Bauer könnten damit drei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden: Garantierte Produktqualität für die Konsumenten, Planungssicherheit für die Wirtschaftstreibenden und ausreichender Jugendschutz durch Mindestalter für den Kauf, Versandhandels- und Werbeverbot.
Statt Legalisierung und damit unkontrollierter Freigabe ist Regulierung das Zauberwort. "Die Nachfrage ist da, die Produkte wird es weiterhin geben. Darum muss man das gut regeln", argumentieren die Branchenvertreter. "Die Gesellschaft muss ehrlich zu sich sein. Das sind keine Zierpflanzen – auch wenn sie manchmal als solche verkauft werden."
Regulieren, um mafiöse Schwarzmarkt-Strukturen zurückzudrängen, sei auch der internationale Trend, zusätzliche Steuereinnahmen lediglich ein Bonus.
Allerdings ein potenziell durchaus netter. Wolyniec und Bauer schätzen das Potenzial des heimischen Marktes bei einem "konservativ geschätzten" Jahresbedarf von 100 Tonnen auf ein bis zwei Milliarden Euro jährlich. Würde reguliert, könnten damit Hunderte neue Unternehmen mit 5.000 bis 10.000 neuen Jobs entstehen.
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