Klimakrise: Die Badeseen kommen ins Schwitzen
96,9 Prozent der heimischen Badeseen bekamen von der EU-Umweltagentur die Note „Ausgezeichnet“, 2,3 Prozent „Gut“. Damit liegt Österreich im EU-Ranking vom Juni, das auch die Schweiz und Albanien mituntersuchte, auf dem zweitem Platz. Nur Zypern schnitt noch etwas besser ab.
Das ist die gute Nachricht von Österreichs Seen. Die schlechte: Sie werden immer wärmer – und das ist bedenklich. Erstens schadet dies dem empfindlichen Ökosystem, zweitens ist dies eine weitere Folge des Klimawandels, der bereits die Lufttemperaturen empfindlich ansteigen ließ. So ist der Juli 2023 in Österreich verglichen mit dem Durchschnittswert der vergangenen 30 Jahre um 2,1 Grad wärmer.
Die Alarmglocken sollten weltweit schrillen: Die US-Raumfahrtsbehörde NASA befürchtet, dass der Juli 2023 global betrachtet der heißeste Monat seit Hunderten Jahren sein dürfte. Die aktuellen Hitzewellen „sprengen Rekorde“, warnte die NASA.
Frühe Hitze
Auch in Österreich wurden bisherige Hitzerekorde gebrochen: Am Sonnblick auf mehr als 3.100 Meter Seehöhe wurden knapp 16 Grad gemessen – das gab es noch nie. Ungewöhnlich früh gab es Hitzetage, in Bludenz in Vorarlberg wurde bereits am 11. Juli 37,7 Grad erreicht.
Das wirkt sich auch auf die Wasserwärme aus. „Es besteht ein Zusammenhang zwischen dem Anstieg der Lufttemperatur und der Zunahme der Wassertemperatur, insbesondere seit den 1980er-Jahren“, bestätigt das Landwirtschaftsministerium, dessen hydrografischer Dienst die Seetemperaturen über eine Zeitreihe von über 70 Jahren im Auge behält.
Für Österreichs Seen stehe fest, dass diese seit der Periode 1951 bis 1985, die „noch nicht so stark vom Klimawandel beeinflusst war“, heute wesentlich wärmer geworden sind. Je nach Region und Höhenlage des Gewässers stieg dessen Wassertemperatur im Jahresmittelwert von 1986 bis 2016 verglichen mit der Periode davor unterschiedlich an – zwischen 0,5 Grad (Lunzer See) und 1,5 Grad (Neusiedler See). Monatlich gerechnet fällt die Erhöhung noch drastischer aus, nämlich um bis zu 2,5 Grad mehr in einzelnen Seen. Seit 1986 gab es keine Pause: Jährlich wurden die Seen zwischen 0,03 und 0,06 Grad wärmer – für die Wissenschaft sind das „signifikante Anstiege“.
Jedes Jahr wärmer
Aus einer internationalen Studie, die 2021 veröffentlicht wurde und auch Mondsee, Wörthersee und Neusiedler See umfasste, ergab sich: Alle zehn Jahre wurden die Seen durchschnittlich um bis 0,58 Grad wärmer. Der Mondsee hatte zwischen 1976 und 1980 durchschnittlich an zwölf Tagen pro Jahr 20 Grad oder mehr – mittlerweile werden in dem oberösterreichischen See an 70 Tagen jährlich diese Temperaturen gemessen.
Allein in der vergangenen Woche schwankte der Mondsee zwischen 23 und 25 Grad Wassertemperatur, der Neusiedler See im Burgenland zwischen 24 und 29 Grad. Selbst der als eher kühl bekannte Weißensee in Kärnten brachte es auf 22 bis 24 Grad – kaum ein Badesee in Österreich, der die Marke von 20 Grad in der vergangenen Woche nicht knackte.
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62 (Bade-)Seen mit einer Größe von je 50 Hektar und mehr gibt es in Österreich, zählt man alle stehenden Gewässer zusammen, gibt es gar 25.000 Wasserflächen. Mehr als zwei Drittel der Seen werden von den Bundesforsten bewirtschaftet und verwaltet.
Die größten von ihnen zählen gleichzeitig auch zu den bekanntesten Gewässern im Land: Attersee, Traunsee und Hallstättersee in Oberösterreich, Wörthersee, Ossiacher See, Millstätter See und Weißensee in Kärnten, der Grundlsee in der Steiermark, der Wolfgangsee (liegt in Oberösterreich und Salzburg) sowie der Fuschlsee in Salzburg.
Der freie Zugang zu Österreichs Badeseen ist ein heißes Thema, das alle Sommer wieder aufkocht. Denn der Platz am See ist nicht für jedermann gleich groß; das liegt an den Ufergrundstücken, die in Privatbesitz sind, zuweilen schon über Generationen. 12.000 Unterschriften bekam etwa das Seenvolksbegehren in Kärnten, das sich gegen die weitere Privatisierung richtete und mehr freien Seezugang forderte.
Viel in Privatbesitz
Das Land nahm daraufhin einen Passus in die Landesverfassung auf, wonach der „Zugang der Allgemeinheit zu Bergen, Seen oder Flüssen“ zu sichern sei.
Das Ufer des Wörthersees steht aber mit rund 80 Prozent in Privatbesitz, knapp 1,2 Kilometer Uferlänge sind frei zugänglich, das sind 25 Badestellen. Am Weißensee ist das genau umgekehrt, seine Ufer sind großteils unverbaut.
Auch Oberösterreich hat seit 2019 den freien Zugang zu „Naturschönheiten“ in der Landesverfassung – und ein ähnliches Problem wie Kärnten. 75 Prozent der Ufer des Attersees beispielsweise sind Privatbesitz, auf den restlichen zwölf Kilometern gibt es 100 frei zugängliche Stellen. 17 davon sind ausgewiesene Badeplätze, teils aber mit Eintritt, weil es sich um Strandbäder handelt. Auch am Traunsee sind zwei Drittel der Uferfläche in Privatbesitz.
Laut Land Salzburg existieren 59 offizielle Badestellen an Seen oder Flüssen im Bundesland. Allerdings sind hier bekannte Seen oftmals tabu für die Allgemeinheit: So sind etwa 85 Prozent der Ufer des Fuschlsees in Privateigentum. Ein positives Beispiel ist er Achensee in Tirol: Von 20,8 Kilometer Uferlänge sind 20 Kilometer zugänglich, der See gehört der Stadt Innsbruck. Die Seen im Burgenland sind hauptsächlich in Seebädern nutzbar. Doch sowohl beim Neusiedler See als auch beim Neufelder See können Bereiche öffentlich genützt werden, im Sommer bei Eintritt, im Winter ohne.
Zudem gelangt das warme Wasser auch immer weiter in die Tiefe. Erneut am Beispiel Mondsee: Vor 50 Jahren wurden 20 Grad dort in einer Tiefe von einem halben Meter gemessen – nun ist es dort in sechs Metern Tiefe ebenfalls so warm.
Das hat Folgen für das Ökosystem. „Eine Erhöhung der Wassertemperaturen hat einen Einfluss auf die Schichtung und Durchmischung der Seen“, heißt es aus dem Landwirtschaftsministerium. „Das hat wiederum Auswirkungen auf Flora und Fauna dieser Gewässer.“ Grundsätzlich gilt: Je wärmer ein Gewässer ist, desto weniger Sauerstoff gibt es dort. Nahe der Oberfläche ist das nicht problematisch, da Sauerstoff aus der Luft eindringt.
Die Regionen tiefer unten sind von einer Durchmischung abhängig, doch die setzt teilweise später als gewohnt ein – die sauerstofffreie Zone wird dadurch größer. Eine Folge: Der Lebensraum für Fische schrumpft.
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