Apostolischer Administrator Grünwidl: Schönborn-Nachfolger noch dieses Jahr

Interview: Apostol Josef Grünwidl
Der interimistische Apostolische Administrator der Erzdiözese Wien spricht über die Herausforderungen der Kirche und die Kardinal-Nachfolge.

In einem Gespräch mit "ZiB 2"-Moderatorin Marie-Claire Zimmermann hat der interimistische Leiter der Erzdiözese Wien, Apostolischer Administrator Josef Grünwidl, über die Herausforderungen der katholischen Kirche in Österreich gesprochen – von sinkenden Mitgliederzahlen bis hin zu möglichen Reformen unter Papst Leo XIV.

Auf die Frage nach den Ursachen für den Rückgang der Gläubigen betonte Grünwidl, es handle sich um ein "vielschichtiges Problem" ohne einfache Lösung. Die Kirche in Westeuropa befinde sich mitten in einem rasanten Transformationsprozess. Neben demografischen Faktoren wie niedrigen Geburtenraten und hohen Austrittszahlen spiele auch die veränderte religiöse Landschaft eine zentrale Rolle. Religion sei heute nur eines von vielen Angeboten, und Menschen entschieden frei, ob und welcher Glaubensgemeinschaft sie angehören, was er grundsätzlich gut finde.

Gleichzeitig verwies Grünwidl auf eine ORF-Umfrage, wonach sich trotz steigender Zahl Konfessionsloser viele Österreicher weiterhin als gläubig, religiös oder spirituell einstufen – wenn auch oft mit einem anderen Verständnis als in der christlichen Tradition.

Attraktivität der Kirche

Um die Kirche wieder näher zu den Menschen zu bringen, setze er nicht auf eine Neuerfindung, sondern auf eine glaubwürdige Verkündigung des Evangeliums. Vielerorts gelinge dies bereits, doch gebe es noch "Luft nach oben", die Botschaft in einer Sprache zu vermitteln, die Menschen von heute anspricht.

Reformen unter Papst Leo XIV.

Zum neuen Papst zeigte sich Grünwidl zuversichtlich. Leo XIV. werde nach seiner Einschätzung den Kurs von Papst Franziskus fortsetzen – insbesondere den Weg der Synodalität, der auf einem Miteinander, Dialog und Augenhöhe setze. Dessen zentraler Schwerpunkt, der Friede, sei täglich spürbar.

Auch bei strittigen Themen wie Pflichtzölibat und Rolle der Frau erwartet Grünwidl Bewegung: Die Kirche müsse hier laut ihm Veränderungen einleiten. Die ehelose Lebensform solle künftig freiwillig sein, und Frauen müssten in der Kirche einen ihrer Würde entsprechenden Platz erhalten.

Vakanz des Wiener Erzbischofsamtes

Seit dem Rücktritt von Kardinal Christoph Schönborn vor sieben Monaten leitet Grünwidl die Erzdiözese kommissarisch. Dass sich die Ernennung eines Nachfolgers hinzieht, sei nicht ungewöhnlich, so der Administrator, er betonte die hohen Anforderungen und Herausforderungen des Amtes – von sinkenden Einnahmen bis zu umfangreicher Verwaltungsverantwortung.

Ob er selbst als neuer Erzbischof infrage komme, ließ Grünwidl offen, verwies jedoch auf sein Gehorsamsgelübde. "Wenn es wirklich so sein sollte, werde ich schauen, wie ich mich dann entscheide" Er rechne jedoch fest mit einer Ernennung noch in diesem Jahr, möglicherweise im Herbst.

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