In die Ziegelmauern ist gewissermaßen eine jahrzehntelange Geschichte des Streits zwischen der Eigentümerfamilie und der Gemeinde eingeschrieben. „Unfassbar, diese Sturheit“, sagt der ältere Herr und meint Besitzer Harald Nagl und dessen Vater, der 1974 mit dem Bau begonnen hat. Die hätten das Haus nie fertigstellen wollen.
Unterschiedliche Sichtweisen
Diese Einschätzung ist für Harald Nagl, der selbst einmal Gemeinderat war, jene Version der Geschichte, die von der Politik im Dorf gestreut worden sei. „An mir ist es nie gelegen. Es soll mir einer erklären, warum ich ein Haus in bester Lage nicht fertigstellen will. Das ist doch absurd.“ Vielmehr sei er seit 20 Jahren von der Gemeinde behindert worden.
Das ewige Hin und Her hatte schon einmal so weit geführt, dass die Kommune 2021 nach einem mehrjährigen juristischen Tauziehen einen Abrissbescheid für das Gebäude erwirkt hatte, dann aber noch einmal einlenkte. Nagl erhielt einen nachträglichen Baubescheid, der ihm die Fertigstellung ermöglichen sollte.
„Warten auf Vollstreckung“
Im heurigen Sommer lief auch der aus. Das „Nagl-Haus“, wie es die Einheimischen nennen, blieb unvollendet. Bürgermeister Thomas Suitner reicht es: „Der Abrissbescheid liegt bei der Bezirkshauptmannschaft. Wir warten auf die Vollstreckung.“
Eine andere Lösung sieht er nicht mehr: „Man wird ja als Bauinstanz bei der Bevölkerung unglaubwürdig.“ Es seien drei Angebote für die Abrissarbeiten eingeholt worden. Die BH müsse Nagl nun die Kosten vorschreiben, damit die Gemeinde nicht auf diesen sitzen bleibt, falls der 66-Jährige die Arbeiten nicht selbst erledigt.
Die BH Innsbruck Land stellt jedoch auf Anfrage klar: „Für eine Vollstreckung des Abrisses ist von der Gemeinde gemäß Tiroler Bauordnung ein erneuter bescheidmäßiger Beseitigungsauftrag zu erlassen, nachdem im Jahr 2021 eine abermalige Baubewilligung für das ’Nagl-Haus’ von der Gemeinde ausgestellt wurde.“
Suitner kennt diese Rechtssicht, teilt sie aber nicht. Als die Gemeinde einen erneuten Baubescheid erlassen habe, hätte man von der BH noch eine andere Information erhalten: „Uns wurde gesagt, dass der Abrissbescheid rechtskräftig bleibt, falls der Baubescheid ausläuft.“
Die Gemeinde habe zuletzt sogar im Auftrag der BH einen Gutachter beauftragen müssen, um zu belegen, dass das Haus nicht bezugsfertig ist. Kosten: 8.000 Euro. Überhaupt haben die Auseinandersetzungen beide Seiten schon viel Zeit und Geld gekostet. Aber warum hat Nagl das Haus wieder nicht fertiggestellt und den Baubescheid auslaufen lassen?
Wohnungen statt Pension
„Die Obergeschoße sind in den 1970er-Jahren als Frühstückspension geplant worden. Inzwischen hat sich die Situation in der Familie geändert und wir brauchen drei Wohnungen.“ Darum möchte er das Haus umbauen, man wolle ihn aber zwingen, gemäß der 50 Jahre alten Baubewilligung zu finalisieren. „Das ist sachlich nicht erklärbar.“
Für den Bürgermeister ist allerdings „fertig geredet. Die Gemeinde steht nicht mehr für Scheinansuchen zur Verfügung.“ Nagl hält wiederum fest: Sollte er einen Abrissbescheid erhalten, werde er ihn bekämpfen.
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