Der Not-Sender im Stiftsbunker soll modernisiert werden

© KURIER/Wilhelm Theuretsbacher

ORF-III-Doku

Im Kalten Krieg drohte Österreich atomare Vernichtung

Auch nach Wegfall der Bedrohung bleibt der Notsender im Regierungsbunker betriebsbereit.

von Wilhelm Theuretsbacher

05/18/2016, 04:00 PM

Bis zum Zusammenbruch des Warschauer Paktes war Österreich als Aufmarschgebiet für einen Krieg gegen die NATO vorgesehen. Das Bundesheer hatte die Aufgabe, als militärischer Zwerg zwischen den Militärblöcken die Souveränität zu behaupten. Fast zwei Millionen Österreicher dienten während der Zeit des Kalten Krieges im Bundesheer. Viele wurden über den Sinn der jeweiligen Maßnahmen im Unklaren gelassen. Eine ORFIII-Dokumentation soll jetzt die Hintergründe aufhellen.

Einer der damaligen Rekruten ist der heutige ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz. Bei der Präsentation der ORFIII-Doku in der Landesverteidigungsakademie berichtete er von einem Gespräch mit einem befreundeten TV-Manager aus der Slowakei. Wrabetz erzählte seinem Freund, dass er mit einem Panzerabwehrrohr im Weinviertel saß. Und sein Freund berichtete, dass er auf einem Kampfpanzer ausgebildet wurde, um das Weinviertel anzugreifen. Wrabetz: "Da läuft einem der kalte Schauer über den Rücken."

Deshalb lief auch der Militärexperte Walter Seledec offene Türen ein mit seiner Idee, eine Doku über die damalige Raumverteidigung zu drehen. Unterstützung kam von der Gesellschaft für politisch-strategische Studien. Deren Chef, Ex-General Christian Segur-Cabanac, war selbst für den Bau unzähliger Bunker verantwortlich.

Es wird dargestellt, wie sich Österreich mit 500 befestigte Räumen gegen Sowjet-Armeen behaupten wollte. Ein "Durchwinken" kam nicht infrage – die NATO hätte mit Atomwaffen auf das Donautal geantwortet. Von Österreich wurde eine Verzögerung des Sowjet-Angriffs von einer Woche erwartet.

Schleinzer-Wall

Gezeigt werden Bunkeranlagen mit Kampfräumen, Schlafräumen und Sanitätsstation. Zeitzeugen schilden das Bunkerleben: "Man wusste nicht mehr, ob draußen Tag oder Nacht ist."

Die Hunderten Bunker konzentrierten sich auf eine Bunkerkette in der Brucker Pforte – benannt nach dem damaligen Verteidigungsminister Karl Schleinzer als "Schleinzer-Wall" – und im Donautal. An den Straßen wurden Stecksperren und Tausende "Panzerigel" bereitgehalten. Entlang der Donau sollten mit künstlichen Überflutungen durch Kraftwerke die Uferbereiche unpassierbar gemacht werden. Für die Zivilbevölkerung hätte das gravierende Folgen gehabt. Ex-Generalstabschef Edmund Entacher: "Es wäre zu Evakuierungen aus den Kampfzonen gekommen mit gleichzeitiger nachhaltiger Vernichtung der zivilen Infrastruktur."

Die Bunker sind entwaffnet und verkauft. Nur die Regierungsbunker in der Wiener Stiftskaserne und in St. Johann im Pongau sind noch im Betrieb. ORF-Chef Wrabetz verriet ein Dienstgeheimnis: Der Notsender des ORF im Stiftsbunker ist noch betriebsbereit, und soll jetzt sogar modernisiert werden. Seledec erklärt das mit der Gefahr, dass Terroristen die Studios am Küniglberg lahmlegen könnten. Dann sei das Bunker-Studio die einzige Möglichkeit, die Bevölkerung zu informieren. Seledec: "Ein Staat, der sich ernst nimmt, muss so eine Einrichtung haben."

"Verbunkert, vergraben, vergessen – Das Bundesheer im Kalten Krieg", Samstag, 20.15 Uhr, ORFIII.

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