Ein Leben mit HIV: „Das Virus hat mich nicht verändert“
Michael Hofbauer informiert, klärt auf, beantwortet Fragen
„Als ich die finale Diagnose hatte, war ich sogar erleichtert.“ Was unverständlich anmutet, erklärt Michael Hofbauer so: Knapp zwei Wochen lang wurde er im Februar 2019 regelmäßig auf das HI-Virus getestet, dazu kam eine Achterbahnfahrt der Emotionen. Lange sah es sogar so aus, als ob er sich nicht infiziert hätte, erst relativ spät stand fest:
Er wird mit HIV leben müssen. „Dann wusste ich zumindest, worauf ich mich einstellen muss. Alles war besser als diese Unsicherheit“, erinnert er sich an diese zermürbenden Tage.
Eine Tablette pro Tag
Seit damals hat sich viel getan im Leben des Oberösterreichers. Er weiß genau über die chronische Erkrankung und seinen Körper Bescheid. Er nimmt eine Tablette pro Tag, die das Virus im Körper so unterdrückt, dass es nicht mehr nachweisbar ist. Hofbauer ist also auch nicht ansteckend für andere.
Nach wie vor existieren Vorurteile und Klischees über die chronische Erkrankung.
Dass diese Art der Behandlung überhaupt möglich ist, wissen viele Menschen gar nicht. Überhaupt herrscht sehr viel Unwissen über HIV. Damit das nicht zu Angst oder Klischees führt, ist Michael Hofbauer aktivistisch unterwegs. Regelmäßig hält er Vorträge und beantwortet Fragen – wie auch kürzlich in Linz.
Im Saal des Neuen Rathaus stellte er sich Pflegeschülerinnen und -schülern: Wie hat deine Familien, wie haben deine Freunde auf deine Diagnose reagiert? Wie sieht es mit dem Dating-Leben aus? Wie leicht oder schwer bekommst du einen Facharzt-Termin? Das und noch viel mehr wollten die Interessierten wissen.
Offensiver Zugang
Mit Aufmerksamkeit dieser Art kann Hofbauer umgehen. Relativ früh entschied er sich für ein „Outing“, nahm ein Video auf, in dem er über seine Erkrankung, die Folgen und seinen Alltag damit berichtete, und streute es breit im Internet. Seine Familie war damals skeptisch, hatte Angst vor der großen Öffentlichkeit.
„Die Reaktionen waren überwältigend. Ich konnte vielen Menschen Mut und Hoffnung schenken, konnte aufklären und informieren“, bereut der 26-Jährige seine Entscheidung kein bisschen. Es sei wichtig, das Tabu zu brechen und der Krankheit ein Gesicht zu verleihen.
Dass er sich angesteckt hat, war ein unglücklicher Zufall. Sein damaliger Partner war infiziert und wusste es nicht. Er infizierte Michael Hofbauer. „Ich gebe ihm nicht die Schuld daran, das ist sinnlos. Es ist, wie es ist. Wir sind bis heute befreundet.“
Seine positive Sicht auf das Leben samt allen Herausforderungen hat ihm immer geholfen, auch wenn es darum ging und geht, mit Vorurteilen oder Anfeindungen umzugehen. „Diskriminierung beginnt meist bei uns selbst. Gerade Menschen, die HIV positiv sind, verurteilen sich oft selbst. Das bringt gar nichts.“
HIV ist nicht Aids
Klassische Vorurteile, die von außen kommen, kennt er natürlich trotzdem: „Da ist von der klassischen Schwulen- oder Drogenkrankheit die Rede. Viele setzen auch HIV mit Aids gleich, das ist natürlich ein Blödsinn.“ Offen steht er zu seinem Status.
„Ich schreibe das in meinen Lebenslauf. Ich sage es vorab, wenn ich mir Termine bei Fachärzten ausmache und ich hab es sogar in meinem Online-Dating-Profil als Info gehabt, dass ich HIV-positiv bin.“ Diese Ehrlichkeit sei ein guter Filter, übrig bleiben jene Menschen, „die sich wirklich mit mir auseinandersetzen, sich auch über die Erkrankung informieren möchten beziehungsweise sowieso Bescheid wissen.“
Abgesehen von der täglichen Tablette ist Michael Hofbauer alle drei Monate bei einer Blutabnahme. „Das Virus hat mich nicht verändert. Ich bin noch immer derselbe lebensfrohe Mensch“, sagt er im Gespräch.
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