Hallstatt: Die Ruhe vor dem (An-)Sturm aus China

Hallstatt: Die Ruhe vor dem (An-)Sturm aus China
Salz, See, idyllische Häuser – die Marktgemeinde ist für vieles bekannt, auch für ihre Gäste aus Fernost. Noch ist es ruhig.

„Take care of what you love“ – „Schau auf das, was du liebst“ ist auf den eisernen Kanaldeckeln zu lesen, die in die Straßen von Hallstatt eingelassen sind. Millionen von Menschen haben bei ihrem Besuch schon einen Fuß darauf gesetzt. Darunter viele Chinesen.

Sie machten etwa 35 Prozent der Touristen aus. Seit 2020 fiel diese Zahl jedoch auf null: Wegen des Coronavirus durfte die chinesische Bevölkerung nicht ausreisen – bis Montag. Die wiedererlangte Freiheit verbringen sie jedoch (noch) nicht in Hallstatt.

Kein großer Andrang im Jänner

Wo sich normalerweise Busse aneinanderdrängen und Pkws einen Parkplatz suchen, ist in der zweiten Jännerwoche nichts los. Die Schilder des Parkleitsystems leuchten grün: 300 freie Parkplätze zeigen sie an – ungewohnt für den Tourismusort.

Dieser ist noch weihnachtlich geschmückt: Christbäume mit goldenen Maschen zieren die Straße ins Zentrum. Daneben reihen sich die Souvenirshops aneinander. Ständer voll mit Magneten stehen davor. Ein paar asiatische Touristen mit umgehängten Handys interessieren sich dafür.

„Die sind aber nicht aus China, sondern aus Südkorea“, sagt die Verkäuferin, die zu Partymusik im Shop steht. Zwar arbeite sie nur Teilzeit, „von wo sie kommen, hört man aber mit der Zeit raus.“ Nach stressigen Feiertagen sei es ruhig. Das Ferienende und die Revisionsarbeiten der Seilbahn zu den Salzwelten (bis 10. Februar, Anm.) würden dazu beitragen. Dass die chinesische Bevölkerung wieder reisen dürfe, spüre man nicht.

Hallstatt: Die Ruhe vor dem (An-)Sturm aus China

Bürgermeister Alexander Scheutz war schon im chinesischen Hallstatt

Buchungen lassen noch auf sich warten

Das bestätigt Michelle Knoll vom Tourismusbüro einige Meter weiter: „Anfragen halten sich in Grenzen“, sagt sie hinter einer Plexiglasscheibe.

Buchungen aus China verzeichne man kaum, heißt es auch an der Rezeption des Hotels „Grüner Baum“. „Für den Sommer beginnen sie aber langsam“, weiß Bürgermeister Alexander Scheutz (SPÖ).

Er macht sich deshalb bereits Sorgen, denn auch 2022 lief es gut, trotz fehlender Gäste aus China. „Wir hatten dafür viele aus dem arabischen Raum und Indien“, erzählt er im Gemeindeamt. „Wenn uns diese erhalten bleiben und dazu heuer wieder chinesische Gäste kommen, wird es zu viel“, so seine Befürchtung für den 730-Einwohner-Ort.

Infrastruktur stößt an ihre Grenzen

Dabei mag er die Chinesen gerne, erzählt Scheutz als er Fotos von seinem Besuch im nachgebauten Hallstatt in China zeigt. „Es wird traurig, wenn wir mal nicht mehr alle Touristen nach Hallstatt lassen können“, sagt er. Denn die Infrastruktur zeige ihre Grenzen auf, weshalb am 4. Februar zur Klausur gerufen wird.

„Alle Ideen gehören mit Experten diskutiert.“ Und hier scheint Scheutz für vieles offen: Die Vorschläge reichen von Straßensperren bis hin zu einem neuen Parkplatz. Was Touristenzuwachs anbelangt, steht er spürbar auf der Bremse: Radtourismus wolle man nicht bewerben und im Zuge der Kulturhauptstadt 2024 verzichte man auf Großveranstaltungen. Zusätzliche Besucher könnte man nicht stemmen.

Handlungsbedarf gibt es auch so genug: Problem Nummer eins seien die Bustouristen, die „geballt“ auftreten, Problem Nummer zwei der Bahnhof auf der anderen Seite des Sees. So würden immer mehr klimafreundlich reisen, die Haltestelle, die im Gemeindegebiet Obertraun liegt, verfügt aber nicht einmal über ein WC. Für Ersteres hätte man 2020 zumindest mit Busslots eine Lösung geschaffen.

Hallstatt: Die Ruhe vor dem (An-)Sturm aus China

Noch ist der Ortskern nicht überfüllt

"Es wird zu viel dramatisiert"

Über die bevorstehenden Monate scheiden sich jedoch die Geister: Verkäufer fragen sich, wie sie trotz Arbeitskräftemangel den Sommer meistern sollen. Harald Pernkopf, Pressesprecher der Salzwelten, fürchtet um Qualität: „Wenn Kunden zwei Stunden anstehen müssen, ist das nicht zufriedenstellend.“

Gelassen bleibt hingegen Markus-Paul Derbl, der gerade Stühle auf die Terrasse seines Cafés räumt: „Das wird überdramatisiert“, sagt er und blickt auf den leeren Marktplatz vor ihm. „Wir sind ein Tourismusort. Ohne viele Besucher gebe es ihn so nicht.“

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