Große Pläne mit historischer Brache in Innsbruck
Für kurze Zeit gingen am vergangenen Dienstag die Pforten zu einem historischen Areal in Innsbrucker Innenstadtlage auf, das seit einem Vierteljahrhundert im Dämmerschlaf liegt. Der in der benachbarten Messe tagende Gemeinderat war zu einer Besichtigung des Siebenkapellen-Areals geladen.
Aber der Großteil der Mandatare fühlte sich zu spät oder nicht ausreichend von Bürgermeister Georg Willi (Grüne) über den Termin informiert. Also fanden es nur wenige Mandatare in der mittäglichen Sitzungspause der Mühe Wert, sich eine halbe Stunde Zeit zu nehmen.
Finanzielle Unterstützung
Dabei hätten sie über jenes Konzept informiert werden sollen, mit dem das 4.700 Quadratmeter große Areal samt großen Grünflächen, das im Besitz des Bundes steht und von der Burghauptmannschaft verwaltet wird, wieder wach geküsst werden soll. Dazu braucht es die finanzielle Unterstützung von Eigentümer, Land und Stadt.
Im 16. Jahrhundert wurde auf dem Areal die „Heilig-Grabkirche“ errichtet, die durch einen Sturm beschädigt und 100 Jahre später (also im Jahr 1670) völlig desolat abgetragen werden musste. Mit dem Abbruchmaterial wurde 1677 eine neue Kirche gebaut, die wiederum rund 100 Jahre später der Säkularisierung durch Joseph II. zum Opfer fiel.
Kurz war das Areal in Privatbesitz, dann übernahm es das Militär. Von 1945 bis 1988 wurde das Gebäude von der Post- und Telegraphendirektion als Lager verwendet. Ab 1988 stand das Areal leer, fallweise wurde es für Kulturveranstaltungen genutzt – der morbide Zustand und die günstige Miete stellten eine gute Grundlage dafür dar.
Immer wieder gab es große Pläne um das Areal, sogar als Gotteshaus sollte Siebenkapellen wieder reaktiviert werden. 1994 fand sogar einen Wettbewerb statt, das Areal für das „Mozarteum“ zu revitalisieren. Passiert ist nichts.
Mittlerweile sind einige Gebäude des großen Areals so desolat, dass sie gar nicht mehr betreten werden dürfen.
„Aber die Katze beißt sich immer wieder in den Schwanz“, sagt Anne-Lena Mayer, die das Projekt eines „Zukunftscampus“ begleitet. Der Bund sei prinzipiell interessiert. Aber damit die Sache ins Rollen kommt, müsste mal eine der drei öffentlichen Hände, die sich die Kosten teilen sollten, ein Bekenntnis bzw. einen Investitionsbeschluss zu dem Konzept abgeben, das bereits seit einem Jahr am Tisch liegt.
Riesiges Areal
Die Idee hinter dem „Zukunftscampus Siebenkapellen“, dem die gleichnamige, im 18. Jahrhundert von Joseph II. profanisierte Kirche auf dem Areal den Namen gibt: „Es ist geplant, Wirtschaft und Bildung zu vereinen“, erklärt Mayer. Und dafür wären auch schon privatwirtschaftliche Partner an Bord. Das ist zum einen der Impact Hub Tirol, der derzeit in der nahen „Kulturbackstube – die Bäckerei“ beheimatet ist und sich vergrößern will.
Der gemeinnützige Verein will Innovationen für sozial-ökologisches Wirtschaften vorantreiben. Unternehmern und Gründern sollen Büros, Co-Working-Plätze, Event-Flächen und Seminarräume bereitgestellt werden.
Der zweite Anker-Mieter wäre Montessori Innsbruck, das mit Kinderkrippe, Kindergarten und Schule neben dem benachbarten Zeughaus-Museum untergebracht ist. Der Mietvertrag für dieses Gebäude läuft aber 2027 ab, weshalb Montessori auf Herbergsuche ist. Und diese lässt auch die Uhr für die Idee des Zukunftscampus ticken.
„Es braucht in den nächsten Monaten eine Entscheidung. Die Zeit läuft ab“, warnt Mayer, dass die bestehenden Partner sich um Alternativen kümmern müssten, wenn das Konzept nicht in Umsetzung kommt. Damit droht sich ein Fenster zu schließen, das sich vielleicht nicht so bald wieder öffnet. Dabei soll sich das Projekt laut Businessplan im laufenden Betrieb über die Mieteinnahmen selbst tragen.
Die große finanzielle Hürde ist zum einen die Renovierung und Adaptierung der großteils denkmalgeschützten und bereits baufälligen Gebäude in Siebenkapellen. Zudem ist ein Neubau geplant, in dem vor allem die Bildungseinrichtungen unterkommen sollen. In der alten Kirche könnte eine Mensa oder ein Café entstehen.
Bis zu 43 Millionen
In der Vollvariante sind Investitionskosten von rund 43 Millionen Euro brutto – valorisiert bis zur geplanten Eröffnung im Herbst 2027 – notwendig. In einer reduzierten Variante wären es 35,4 Millionen Euro. Bürgermeister Willi kann sich vorstellen, dass die Stadt „rund drei Millionen Euro als Mietvorauszahlung für Montessori einbringt“. Das Land könnte wiederum den Impact Hub unterstützen, hat sich jedoch gerade eine Schuldenbremse verschrieben. Aber der Großteil des Geldes müsste wohl aus Wien kommen. „Der Bund investiert in sein eigenes Eigentum“, erinnert Willi. Und den Verfall aufzuhalten, kostet ebenfalls.
Der Zukunftscampus hätte das Potenzial, einem Grätzel, in dem ohnehin schon viel in Bewegung ist, einen weiteren Impuls zu geben. Neben dem Zeughaus entsteht ein großes Wohnprojekt. Am Bahndamm hinter Siebenkapellen wurde erst vergangenes Jahr eine Haltestelle Messe für die Regionalbahn geschaffen. In den Viaduktbögen unter den Schienen sind neue Lokale und Geschäfte eröffnet worden. Und ein neuer, klimafitter Messe-Park davor gibt dem Viertel ein komplett neues Flair.
Eine Brache Siebenkapellen wäre da städtebaulich eine schmerzhafte Lücke. Bis 1988 wurde der Gebäudekomplex von der Post als Lager genutzt. Später gab es immer wieder Zwischennutzungen für einzelne Veranstaltungen. 2020 war dann auch damit Schluss. Die Burghauptmannschaft fürchtete, dass sich jemand in der maroden Substanz verletzten könnte.
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