Grazer in London vor Gericht: „Genug Beweise für Prozess“
Zurückgelehnt, die Finger vor dem schwarzen T-Shirt ineinander verschränkt, blickte der Mann in die Kamera. Dann beugte er sich vor: „Entschuldigung, Frau Dolmetscherin“, hallte es durch die Lautsprecher des holzgetäfelten Gerichtssaals 11. „Ich kann Sie leider so schwer hören.“
Die Interpretin blickte sich um, bevor ihr die Staatsanwältin das Mikrofon neben ihrem Platz anbot. Denn der österreichische Staatsbürger, der unter Verdacht steht, einen terroristischen Akt geplant zu haben, war bei der Anhörung am Londoner Strafgericht Old Bailey am Freitag nur per Videolink aus dem Männergefängnis Wandsworth zugeschaltet.
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Wie berichtet wird dem 30-Jährigen – laut Daily Mail aus Graz – vorgeworfen, am 12. Februar oder davor Büros eines persisch-sprachigen Fernsehsenders gefilmt zu haben, der das iranische Regime kritisiert. Der Mann soll Videos über die Sicherheitsvorkehrungen der Firma Volant Media (die den TV-Sender Iran International betreibt) im Chiswick Business Park im Westen von London gedreht haben.
Nachdem die Londoner Metropolitan Police den Sender, laut Daily Mail, über „das Bestehen ernsthafter und unmittelbarer Bedrohungen für die Sicherheit iranischer Journalisten“ informierte, übersiedelte dieser am 18. Februar nach Amerika.
Unterbrechung
Doch wenige Minuten nach Beginn der Anhörung, wurde sie auch schon wieder unterbrochen; bis zum Nachmittag. Richter Richard Marks wollte sich zusätzliche Dokumente ansehen. Denn der 30-Jährige plädierte am Freitag auf Abweisung der Klage.
Nach der Mittagspause zeigte Staatsanwältin Alison Morgan dann neun Videos vom Handy des Angeklagten. Sie wurden vom Angeklagten empfangen, als dieser noch nicht in dem Businesspark war und zeigten exakt jene Stelle, in der sich der Mann später einfand. Sie seien damit auf einer Ebene mit Material, das zeige, wie man sich unbefugt Zutritt zu militärischen Einrichtungen verschaffe.
„Recht merkwürdig“
Beweis genug, argumentierte sie, für einen Prozess. Verteidiger Julian Hayes erklärte, dass die Videos nicht vom Mandanten gemacht werden konnten, doch Richter Marks fand das Filmmaterial doch „recht merkwürdig“. Menschen, erwiderte Hayes, hätten mitunter „recht merkwürdiges Filmmaterial“; das mache die Videos noch nicht gefährlich.
Doch auch der Ort an sich, der Business Park, sei verdächtig für jemanden, der angeblich für touristische Zwecke nach London gekommen war, fuhr der Richter fort. Einmal mehr argumentierte der Verteidiger, dass Touristen mitunter ungewöhnliche Orte aufsuchten.
Das Kinn auf die Hand gestützt, überlegte der Richter kurz, bevor er verkündete, dass genug Gründe für einen Prozess vorliegen. Bei diesen Worten strich sich der Mann mit der Hand über die Augen. Der Prozess wird am 11. Dezember starten und ist für fünf Tage angesetzt.
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