"Pflegefall" fuhr Porsche und urlaubte in Thailand: Trotzdem kassierte Grazer 300.000 Euro

"Pflegefall" fuhr Porsche und urlaubte in Thailand: Trotzdem kassierte Grazer 300.000 Euro
Er fuhr Porsche, urlaubte in Thailand und ging wandern – gleichzeitig kassierte ein 61-jähriger Grazer über Jahre Pflegegeld der Stufe 4.

Zusammenfassung

  • Ein 61-jähriger Grazer erschlich sich über Jahre rund 300.000 Euro an Sozialleistungen durch vorgetäuschte Behinderung und gefälschte Nachweise.
  • Er finanzierte mit dem unrechtmäßig erhaltenen Geld einen luxuriösen Lebensstil und täuschte sowohl das Sozialamt als auch medizinische Gutachter.
  • Die Zahl der aufgedeckten Sozialleistungsbetrugsfälle in der Steiermark ist 2024 auf einen Höchststand gestiegen, die Aufklärungsquote liegt bei nahezu 100 Prozent.

Einen dreisten, jahrelangen Sozialleistungsbetrug eines Grazers haben Ermittler der Task Force SOLBE (Sozialleistungsbetrug) des Landeskriminalamts Steiermark aufgedeckt. Ein 61-Jähriger hatte unrechtmäßig Sozialleistungen aus der Behindertenhilfe bezogen, im Ausmaß von rund 300.000 Euro. Anonyme Hinweise aus seinem Umfeld hatten die Ermittler auf seine Spur gebracht. Geständig war er nicht, er wird angezeigt, teilte die Landespolizeidirektion am Freitag mit.

Die Ermittlungen gegen den Grazer waren seit 2024 gelaufen. Dabei bestätigte sich der Verdacht, dass sich der angeblich körperlich schwer Beeinträchtigte sein rechtmäßiges Einkommen durch Betrügereien auf gesamt rund 6.000 Euro pro Monat aufgebessert hatte. Er täuschte das Grazer Sozialamt seit 2018 bei der Auszahlung der Behindertenhilfe, war weder auf Rollstuhl noch Rollator angewiesen, urlaubte dafür längere Zeit in Thailand und ging wandern und Eisstockschießen.

Schein-Honorarnoten ausgestellt

Der 61-Jährige hatte sich Hilfeleistung über das sogenannte "Persönliche Budget" erschlichen: Damit soll erheblich bewegungsbehinderten Menschen ein weitgehend selbstbestimmtes Leben außerhalb von Pflegeheimen ermöglicht werden. Über die zweckmäßige Verwendung der Gelder täuschte er das Sozialamt mit Schein-Honorarnoten sowie Verwendungsnachweisen, die er sich gefälligkeitshalber von nahestehenden Personen ausstellen ließ. Gezahlt hat er ihnen nichts. Allein dadurch entstand ein Schaden von rund 265.000 Euro. Besonders dreist: Sein Antrag auf Fortführung dieser Hilfeleistung - rund 85.000 Euro - wegen einer angeblichen Verschlechterung seines Gesundheitszustandes wurde noch rechtzeitig abgewendet.

Seine erheblichen Bewegungsbeeinträchtigungen hatte er erfolgreich vorgetäuscht. Er war zumindest seit 2019 nicht mehr auf Gehhilfen angewiesen, ging dabei Strecken über zehn Kilometer ohne jegliche Hilfestellung. Mit den Geldern führte er einen ausschweifenden Lebensstil mit Partys, längeren und nicht ordnungsgemäß gemeldeten Thailand-Urlauben oder mehreren teuren Fahrzeugen wie etwa einem Porsche. Dabei gelang es ihm auch die Sozialversicherungsanstalt (SVS) sowie medizinische Sachverständige zu täuschen. Über die vergangenen sechs Jahre hinweg bezog er Pflegegeld der Stufe 4, zugestanden wäre ihm lediglich Stufe 1. Hier entstand Schaden in der Höhe von rund 36.000 Euro.

Seit Jahren stark steigende Zahl an Betrugsdelikten

Die Ermittler legten dem 61-Jährigen die Ergebnisse von Einvernahmen aus seinem Umfeld sowie Videos vor, dennoch war er nicht geständig. Er wird wegen mehrfachen und schweren gewerbsmäßigen Betruges angezeigt.

2024 wurden laut Polizei 515 (2023: 371) solcher Straftaten in der Steiermark verzeichnet, was ein Höchstwert sei. Dieser Höchststand an Delikten mit einer Verfünffachung innerhalb von zehn Jahren (2015: 104) sei auf die verstärkte Ermittlungsarbeit zurückzuführen. Die Ermittlungsarbeit sei ausgesprochen zeitaufwendig, so die Polizei. Die Aufklärungsquote liegt allerdings beinahe bei 100 Prozent (2023: 371).

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