Gut Aiderbichl: Wo Laboraffen Heimat fanden

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Im Jahr 2009 hat das Gut Aiderbichl 40 Ex-Laboraffen übernommen. Seither bietet man den Schimpansen dort ein würdiges Leben. Bald gibt es die seltene Möglichkeit, die Tiere zu besuchen.

Wenn Thomas, Spätzle, Benjamin und Star Besucherinnen und Besucher bemerken, kommen sie neugierig aus den Innenräumen ihrer Gehege, die gleich beim Eingang des Affenrefugiums in Gänserndorf liegen. 

Insgesamt 27 Schimpansen sind hier untergebracht. Welches Leid sie in den ersten Jahrzehnten ihres Lebens erfahren mussten, würde man nicht glauben. Für die Öffentlichkeit sind die Tiere nur selten zu sehen. Am 9. Juni hat man von 10 bis 17 Uhr am Tag der offenen Tür allerdings die Möglichkeit.

Kommunikation unter Affen

„Wenn sie die untere Lippe hängen lassen, lachen sie“, erklärt Tierpflegerin Bettina Urban. Wer den Schimpansen freundlich begegnen möchte, kann das mit schnellem Hecheln tun. So kommunizieren die Tiere unter anderem auch miteinander. Dass sie das überhaupt tun, fühlt sich für Urban wie ein Wunder an. 

Denn mehr als 20 Jahre lebten die Schimpansen als Laboraffen in kompletter Isolation. Sie hätten zu Beginn gar nicht gewusst, wie sie ein anderes Tier ihrer Spezies grüßen, wie man auf einen Baum klettert oder wie sich Gras anfühlt.

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Die Affen dürfen im Jahr 2011 zum ersten Mal in ein Freigehege.

Expertinnen und Experten aus der ganzen Welt seien damals nach Niederösterreich gekommen. Alle seien sicher gewesen, dass man die Affen unmöglich in Gruppen zusammenführen könne, sagt Urban. Man sei davon ausgegangen, dass sie sich gegenseitig töten. „Aber sie haben es der ganzen Welt bewiesen. Nicht nur mir als Tierpflegerin“, sagt Urban.

Schimpansenverhalten lernen

Renate Foidl ist schon seit 30 Jahren Pflegerin der Affen. Dass sie trotz ihres Schicksals gelernt haben, sich wie Schimpansen zu verhalten, beeindruckt Foidl auch nach dieser langen Zeit. So gibt es Imponiergehabe und Hierarchien. Die Tiere sind fürsorglich, streiten auch einmal und trauern, wenn Artgenossen sterben. Wie ähnlich sie den Menschen sind, ist bei jeder Bewegung zu sehen.

Durch die österreichische Pharmafirma Immuno waren die Menschenaffen ab der 1980er-Jahre nach Österreich gekommen. Die meisten wurden in Afrika als Babys eingefangen und mussten zusehen, wie ihre Eltern getötet wurden. Um Medikamente zu entwickeln, infizierte man die Schimpansen mit Aids und Hepatitis.

Als das Unternehmen Baxter Immuno kauft, stoppen diese Versuche. Das Gut Aiderbichl übernimmt 40 Schimpansen.

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Mehrere Tierpflegerinnen kümmern sich um die Schimpansen.

Leben in Gruppen

Die meisten Affen können mittlerweile in Gruppen leben, einige sind lieber für sich, haben aber durch das Gitter Kontakt zu den anderen. Es sind ganz unterschiedliche Charaktere, die einem begegnen. Moritz ist eher ruhig, sitzt gerne in der Wiese und hört der Natur zu. Xsara ist die Prinzessin und lässt sich gerne bedienen. Gogo ist nervös, wenn Fremde in der Nähe sind. Seine Unterlippe zittert, es dauert, bis er einem in die Augen schaut.

Bei einigen Freigehegen erlebt man die Schimpansen durch Glasscheiben ganz nahe. Clyde fordert oft Küsse ein, bedankt sich dann mit einem Klopfen aufs Glas.

Wahre Wiedergutmachung ist wohl auch hier in Gänserndorf nicht möglich. Aber man konnte den Schimpansen ihre Würde zurückgegeben. Die Gehege müssen regelmäßig an die gesundheitlichen Bedürfnisse angepasst werden. Wer unterstützen will, kann eine Patenschaft übernehmen. Infos unter gut-aiderbichl.com.

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