Fußfessel für Sexualstraftäter nicht verfassungswidrig

Eine Person hält eine elektronische Fußfessel in der Hand.
Erkenntnis des Höchstgerichts: Richter dürfen Gestaltungsspielraum nutzen.

Klarheit hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) bei den Vergaberichtlinien zu Fußfesseln für Sexualstraftäter geschaffen. Wie VfGH-Präsident Gerhart Holzinger am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Wien bekannt gab, sind die Sonderregelungen in diesem Bereich des Strafvollzugs verfassungskonform. Der VfGH war von sich aus aktiv geworden, nachdem ein Sextäter die Fußfessel nicht erhalten hatte.

Der Verurteilte hatte sich an den VfGH gewandt. Die Höchstrichter stellten daraufhin zwar fest, dass es der Verfassung entspricht, wenn es strengere Richtlinien zur Vergabe der Fußfesseln für Sexualstraftäter gibt als für Verurteilte wegen anderer Deliktsbereiche. Sie fanden es aber für überprüfungswürdig, dass innerhalb der Gruppe der Sexualstraftäter für manche Verurteilte strengere Kriterien angewendet werden als für andere. Das Argument lautete zunächst, dass dies dem Gleichheitsgrundsatz widersprechen könnte.

Strenge Kriterien

Diese Bedenken haben sich bei der genauen Überprüfung nun offenbar zerstreut. Laut Holzinger gebe es sehr strenge Kriterien für die Vergabe der Fußfessel. So darf sie nur an Täter vergeben werden, die eine maximal zwölfmonatige Haftstrafe noch offen haben. Darüber hinaus müssen sie eine Unterkunft und eine Beschäftigung aufweisen, auch das soziale Umfeld wird überprüft.

Seit 1. Jänner 2013 gelten für bestimmte Sexualstraftäter darüber hinaus noch strengere Kriterien bei der Vergabe der Fußfessel. Sie dürfen sie nur bekommen, wenn sie die Hälfte ihrer Freiheitsstrafe, mindestens aber drei Monate, verbüßt haben und wenn "Gewähr besteht, dass sie die Fußfesselregelung nicht missbrauchen", so Holzinger. Also etwa die Delikte neuerlich verüben, für die sie verurteilt worden sind. Betroffen sind Verurteilte wegen Vergewaltigung, Geschlechtlicher Nötigung, Sexuellem Missbrauch wehrloser oder psychisch beeinträchtigter Personen, sexuellem Missbrauch Unmündiger oder Jugendlicher sowie Kinderpornografie.

Andere, "auf dasselbe Schutzgut bezogene Sexualdelikte" - nämlich zum Schutz Jugendlicher und vor finanzieller Ausbeutung oft abhängiger Personen - sind nicht erfasst, stellte der VfGH im vergangenen Herbst fest, als er sich für die Überprüfung der Bestimmungen entschied. Konkret führte das Höchstgericht an: Sittliche Gefährdung unter 16-Jähriger (Par. 208 Strafgesetzbuch), Missbrauch eines Autoritätsverhältnisses (212), Kuppelei (213), entgeltliche Vermittlung von Sexualkontakten mit Minderjährigen (214), Förderung der Prostitution und pornografischen Darbietung Minderjähriger (215a), Zuführen zur Prostitution (215), Zuhälterei (216) und grenzüberschreitenden Prostitutionshandel (217).

Dass diese Delikte nicht in die Spezialregelungen für Sextäter fallen, ist laut VfGH nicht verfassungsrechtlich bedenklich: "Wenn daher Sexualdelikte, die besonders schwerwiegende Eingriffe in die sexuelle Selbstbestimmung der (oft unmündigen) Opfer darstellen, beim Zugang zur Fußfessel anders bewertet werden als weitere aus dieser Deliktsgruppe, dann fällt dies in den vom Verfassungsgerichtshof eingeräumten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers", so der VfGH.

Seit Dezember 2010 in Kraft

Die elektronische Fußfessel steht in Österreich seit 1. September 2010 zur Überwachung von Untersuchungshäftlingen und rechtskräftig verurteilten Straftätern mit einer Freiheitsstrafe bzw. Reststrafe von höchstens einem Jahr zur Verfügung. Mit ihrer Einführung wollte man die an ihre Kapazitäten angelangten Justizanstalten entlasten.

Bisher sind insgesamt 2.089 Fälle des elektronisch überwachten Hausarrests (EÜH) genehmigt worden, wie Christian Timm, Mediensprecher der Vollzugsdirektion, am Mittwoch berichtete. "Ohne elektronisch überwachtem Hausarrest wäre eine zusätzliche Justizanstalt mit 300 Haftplätzen notwendig", erklärte Timm. Die Errichtungskosten für einen Haftplatz würden rund 200.000 Euro betragen. Insgesamt hat der Hausarrest bisher mehr als 226.000 Hafttage ersetzt. Ein Hafttag kostet im Durchschnitt 107 Euro.

Derzeit befinden sich 282 Personen im elektronisch überwachten Hausarrest. Die meisten von ihnen wurden wegen Vermögensdelikten oder eines Deliktes gegen Leib und Leben verurteilt.

Eine heftige Diskussion entbrannte nach dem Bekanntwerden, dass auch Sexualstraftäter mit Fußfesseln ausgestattet werden. Seit Inkrafttreten wurden sie - mit Stand 31. Dezember 2013 - an 30 Sexualstraftäter vergeben.

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