Erste Bischöfin bei den Lutheranern

DRITTE SESSION DER 16. SYNODE A.B. MIT BISCHOFSWAHL DER EVANGELISCH-LUTHERISCHEN KIRCHE: RICHTER / CHALUPKA
Die in Deutschland lehrende Oberösterreicherin Cornelia Richter wurde im ersten Wahlgang gewählt.

Superintendentinnen gab es schon in Österreich, eine Bischöfin noch nie. Als solche wurde am Freitag Cornelia Richter von der Synode der evangelisch-lutherischen Kirche Österreichs gewählt.

„Diese Kirche hat Zukunft“, sagte Richter in einer ersten Stellungnahme. Das Bischofsamt könne man nicht von sich aus anstreben, ein solches Amt werde einem anvertraut. Auch wenn die Mitgliederzahl der evangelischen Kirche weiter zurückgehen werde, sei sie von einer guten Zukunft überzeugt. Es gelte, die Stimme des evangelischen Christentums als markante Stimme in Gesellschaft, Politik, Wirtschaft oder Kultur auch künftig laut werden zu lassen. Das sei nicht nur ihre Aufgabe als Bischöfin, „das kann uns nur gemeinsam gelingen“, so Richter an ihre Kirche adressiert.

Aufgewachsen ist Richter in Bad Goisern, ihr Vater war Pfarrer, ihre Mutter über viele Jahre Organistin in der örtlichen Kirche. Von 2012 bis 2020 war sie Professorin für Systematische Theologie in Bonn, danach für Dogmatik und Religionsphilosophie; seit 2024 lehrt Richter auch an der University of St. Andrews (UK). Überdies gilt sie als Expertin im interdisziplinären Feld der Resilienzforschung.

Als Superintendentin des Burgenlands (1994 bis 2002) war Gertraud Knoll bekannt geworden; 1998 kandidierte sie für die Hofburg (Wiederwahl Klestil) und kam als von den Grünen nominierte Kandidatin auf Platz 2 (13,6 %) – nach ihrem Ausscheiden aus dem kirchlichen Dienst war sie für die SPÖ tätig, später trat sie aus der Kirche aus. Eine zweite Superintendentin war Luise Müller, die von 1995 bis 2012 an der Spitze der evangelischen Kirche A. B. Salzburg/Tirol stand.

Aufseher

Der Superintendent entspricht im wesentlichen – abgesehen vom unterschiedlichen Amtsverständnis – dem katholischen Diözesanbischof. Das lateinischstämmige Wort „Superintendent“ bedeutet dem Wortsinn nach auch dasselbe wie das griechischstämmige „Bischof“ (epískopos) – nämlich „Aufseher“ (vgl. auch den Begriff „Intendant“ aus dem Kulturbereich).

Superintendenten gibt es in Österreich sieben: Salzburg und Tirol sind zusammengefasst, Vorarlberg gehört zur evangelisch-reformierten Kirche (Helvetisches Bekenntnis; H. B.).

Vorgänger

Bischof gibt es dagegen in der evangelisch-lutherischen Kirche in Österreich nur einen. Zuletzt war das der ehemalige Leiter der Diakonie (Pendant zur katholischen Caritas) Michael Chalupka; er war seit September 2019 im Amt und muss aus Altersgründen (am 21. Juli feiert er seinen 65. Geburtstag) seinen Ruhestand antreten. Sein Vorgänger war der ebenfalls öffentlich durchaus präsente Michael Bünker (2008 bis 2019).

Nun also Cornelia Richter: die 54-jährige Oberösterreicherin (geboren 1970 in Bad Ischl) wurde Freitagnachmittag im ersten Wahlgang an die Spitze der österreichischen Lutheraner gewählt. Zwei Drittel der Stimmen von insgesamt 70 Delegierten waren notwendig – ihre Amtszeit, die mit 1. Jänner 2026 beginnt, beträgt zwölf Jahre. Nominiert wurde sie von allen Superintendentialversammlungen, in denen Delegierte aus den Pfarrgemeinden der jeweiligen Diözese zusammenkamen – sie war die einzige Kandidatin.

A. B. plus H. B.

Eröffnet wurde die Synode am Donnerstagabend mit einem Gottesdienst, dem Bischof Chalupka vorstand. Am heutigen Samstag tagt dann die Generalsynode, in der die Delegierten der evangelischen Kirche A. B. gemeinsam mit den Delegierten der evangelischen Kirche H. B. („Reformierte“) zusammenkommen.

Die Synode ist das höchste gesetzgebende Organ der evangelischen Kirche. Die gewählten Vertreterinnen und Vertreter beraten über die Kirchenverfassung, entscheiden über den wirtschaftlichen Haushalt der Kirche, verabschieden kirchliche Gesetze und Stellungnahmen und befassen sich mit Themen, die die gesamtösterreichische evangelische Kirche betreffen.

Heute leben in Österreich laut Kirchenangaben rund 237.000 evangelisch-lutherische Christen. Dazu kommen noch rund 11.000 reformierte Christen.

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