Moderne Frau
Heute so berühmt, hat Flöge das Porträt, das Klimt 1902 von ihr gemalt hat, gar nicht gefallen. „Sie wollte es nicht haben“, erzählt Kunsthistorikerin und Kuratorin Ursula Storch. Vielleicht fand sie sich zu angepasst, als Dame der Gesellschaft dargestellt, anstatt als das, was sie war: eine Unternehmerin. Denn Flöge war nicht nur eines von Klimts Modellen. 1874 in Wien geboren, gründete sie mit ihren Schwestern den Haute-Couture-Salon „Schwestern Flöge“.
„Flöge war eine moderne Frau und sehr umtriebig. Sie hat sich im Salon Flöge um geschäftliche Dinge gekümmert“, sagt Storch. In dieser Rolle flog sie zu Messen nach London und Paris, informierte sich über Modetrends und Schnitte. Selbstbewusst und mutig sei sie gewesen, auf keinen Ehemann angewiesen. Gustav Klimt lernte Flöge durch seinen Bruder kennen. Ernst Klimt heiratete 1891 ihre Schwester Helene.
Schwager und Geliebter
Gustav Klimt war also ihr Schwager – und wurde zumindest kurzzeitig wohl ihr Geliebter. „Genaues weiß man nicht. Am Anfang war es eine Beziehung, aber dann ist es auseinandergegangen“, sagt Storch. Klimt werden viele Affären mit seinen Modellen nachgesagt.
Die Kuratorin geht davon aus, dass Flöge keine Lust hatte, die offizielle, nicht aber die einzige Frau an des Künstlers Seite zu sein. Was blieb, war eine tiefe Freundschaft, wie Briefe von Klimt aus ihrem Nachlass belegen. „Sie war schon sein Lebensmensch“, meint Storch. Man verbrachte gemeinsame Urlaube am Attersee, er rief vor seinem Tod nach ihr.
Neue Schaffensperiode
Als Klimt Flöge 1902 malte, dürfte die Liebschaft bereits vorbei gewesen sein. „Er hat Flöge in eine Ornamenthülle gepackt“, beschreibt es die Kunsthistorikerin. Das Porträt sei Klimts erster Schritt in die experimentelle Richtung gewesen. Es markiert den Beginn jener Schaffensperiode, deren berühmtestes Werk „Der Kuss“ darstellt.
Flöges Porträt wurde bereits 1908 an das Niederösterreichische Landesmuseum verkauft und gelangte 1921 in die Sammlung der Stadt Wien. Dennoch brachte die nun erfolgte Untersuchung von Flöges lebensgroßem Porträt 120 Jahre nach dessen Entstehung Überraschungen zutage.
So handelt es sich bei den silberfarbigen Metallauflagen – die Ovale und flitterartige Tupfer auf Flöges Kleid – nicht um Silber, sondern um das wesentlich wertvollere Platin. „Während der Arbeit ist mir aufgefallen, dass das Silber gar nicht angelaufen war“, erzählt Restauratorin Maierhofer und machte sich auf die Spurensuche. Mittels einer Röntgenfluoreszenzanalyse gelang des Rätsels Lösung.
Missgeschick
Zudem zeigt sich bei genauer Betrachtung, dass Klimt das stilisierte Kleid ursprünglich ausladender gemalt und später abgeändert hat – ebenso wie die Lage von Flöges rechter Hand. Eine durchaus übliche Vorgehensweise bei Malern, wie Maierhofer sagt.
Und wer ganz genau durch das Sicherheitsglas blickt, kann einige Spritzer auf Emilies Gesicht entdecken. „Es sieht aus, als hätte sie Sommersprossen“, erklärt Maierhofer. Die dürften allerdings keine Folgen eines „Anschlags“ sein.
"Flöge auf Reisen"
Hier scheint vielmehr ein Missgeschick passiert und eine undefinierbare Flüssigkeit auf das Bild getropft sein, vielleicht sogar im Atelier von Gustav Klimt. Was es war, soll noch geklärt werden. „Ich habe eine Probe vom Material genommen, die gerade analysiert wird“, erklärt die Restauratorin.
Grundsätzlich sei das Bild aber in gutem Zustand. Weshalb die „Flöge“ auch auf Reisen gehen durfte. Sie ist derzeit im Van Gogh Museum in Amsterdam zu sehen, nach einem Abstecher nach Berlin wird sie ans Belvedere verliehen, ehe sie im Sommer ihren neuen Platz im Wien Museum einnimmt. In neuem Glanz – hinter Sicherheitsglas.
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