"Datenschutzanwalt" legte wichtige Webcams am Großglockner lahm
Blauer Himmel mit leichten Wolken, gute zwei Grad Außentemperatur, 8 km/h Wind aus Nordwest und Böen von 31 Stundenkilometern. Dieses Bild bot sich Beobachtern der Webcam der Adlersruhe, Österreichs höchst gelegener Schutzhütte auf 3.454 Höhenmetern am Fuße des Großglockners, am Montagmorgen.
Die vergangenen sieben Tage war es ein anderer Anblick: der blaue Himmel blieb schwarz. Denn der Hüttenwirt der Adlersruhe, Toni Riepler, hatte die Webcam vom Netz genommen. Der Grund: Auch Riepler hatte Post des sogenannten „Datenschutzanwaltes“ erhalten, der selbst nicht vor dem höchsten Berg 3.798 Höhenmeter Österreichs Halt macht.
10.000 Briefe, einer auf 3.454 Meter Seehöhe
Wie berichtet, hatte der Anwalt aus Groß-Enzersdorf (NÖ) im Namen einer Mandantin tausende Betreiber von Websites abgemahnt und jeweils 190 Euro verlangt. Der Vorwurf: Durch die Verwendung von Google-Schriften würden die IP-Adressen der Besucher der Websites an Google weitergeleitet. Wodurch der Anwalt die Persönlichkeitsrechte seiner Mandantin verletzt sieht. 10.000 Briefe sollen verschickt worden sein.
Einer landete auch bei Hüttenwirt Riepler. Der antwortet in einem klaren Facebook-Posting, das mittlerweile wieder offline ist. Darin war zu lesen: „Auch wir werden vom geldgeilen Anwalt bezüglich unserer Homepage erpresst. (…) Wir waren und sind immer bemüht den Leuten zu helfen und wollten mit der Site, Wetterstation sowie Webcam die Tourenplanung leichter machen. (…) Dieses Service kostet mich einiges und da wir jetzt wie viele andere auch erpresst werden, stelle ich den Betrieb der Webcams vorerst ein.“
Eine Woche lange keine Live-Bilder vom Glockner
Eine Woche waren die Glockner-Cams offline. Sehr zum Unmut von Bergführern, Bergrettung, Alpinpolizei und Flugrettern. „Die Retter beziehen ja ihre Infos im Notfall von diesen Cams. Auch wir Bergführer werfen noch schnell einen Blick auf die Daten, bevor wir ausrücken. Das war ein Service, auf das ich einfach nicht verzichten konnte“, erklärt Riepler, als ihn der KURIER Montagvormittag telefonisch im Schatten des Großglockners erreicht.
Riepler, selbst Bergführer, habe die Webcam-Problematik mittlerweile technisch und im Sinne des Datenschutzes gelöst und somit gibt es seit Samstagnacht auch wieder Live-Bilder vom Dach Österreichs. „Da geht es um Menschenleben. Das sind wichtige Informationen, die wir vor einem Einsatz benötigen und die ja da sind. Der Großglockner ist hochalpines Gelände, da zählt jede Minute und jede Information, die einen Einsatz erleichtert“, berichtet ein Bergretter.
Viele Rettungseinsätze
Der Ärger über den Anwaltsbrief ist auch bei Riepler noch nicht verflogen. „Das zipft mich schon an. Wir versuchen hier oben immer für die Leute da zu sein. Unter den widrigsten Umständen. Und dann kommt sowas daher. Wir sind Bergleute, keine Internetleute. Wir wollen uns mit dem Berg und seinen Herausforderungen beschäftigen, denn davon gibt es genug“, sagt Riepler.
Jeden zweiten oder dritten Tag würde es mittlerweile, aufgrund des Schneemangels und der daraus resultierenden enorm hohen Steinschlaggefahr auf dem Großglockner, besonders am Eisleitl, zu Rettungseinsätzen kommen. Riepler, selbst Bergführer, rückt dabei nicht selten selbst aus. So auch im Falle eines von einem Stein schwer verletzten Bergführers vor wenigen Wochen.
Höchste Baustelle Österreichs
Wer sich nun wundert, warum die Homepage der Adlersruhe, die auch als Erzherzog-Johann-Hütte bekannt ist, offline ist, der muss sich nicht sorgen. Der Grund liegt nicht an bösen Anwaltsbriefen, sondern an der Baustelle, die zur Zeit den Tagesablauf von Riepler und seinem Team bestimmt. Denn die Seilbahn, die auf die Adlersruhe führt, wurde 2020 durch eine Lawine fast vollständig zerstört. Dabei fiel auch auf, dass die Berg- und Talstation Schaden genommen hatten. Und genau diese werden nun mit viel Aufwand erneuert. „Da bleibt leider keine Zeit für die Homepage“, sagt Riepler, der sich nun vor allem eines wünscht: „Dass wir die Saison gut zu Ende bringen.“
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