Cybercrime-Ermittler können nicht alle Fälle bearbeiten

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Kriminalisten möchten sich aufgrund der enorm hohen Zahl an elektronischen Beweismitteln, die analysiert werden, mehr auf erfolgversprechende Fälle konzentrieren.

Pro Tag wurden im Vorjahr im Schnitt 170 Cybercrime-Delikte angezeigt. Darunter fallen Phishing-Attacken, Fake-Webshops, Passwort- und Identitätsdiebstahl, aber auch Cybermobbing. Insgesamt wurden 62.328 Cybercrime-Taten gemeldet.

Am Montag präsentierte der Direktor des Bundeskriminalamts (BK) Andreas Holzer den „Cyber Crime Report 2024“. 

Nachdem Delikte im Bereich des Internetbetrugs in den vergangenen Jahren zugenommen haben, fällt heuer das Minus von 5,4 Prozent im Vergleich zu 2023 umso mehr auf. Dieser Umstand hänge aber vor allem mit einem OGH-Urteil zusammen, erklärte Holzer. Demzufolge werden Abhebungen mit fremden Bankomatkarten künftig nicht mehr als Datenverarbeitungsmissbrauch, sondern als Einbruch gewertet. Daher gab es um knapp 1.000 weniger Anzeigen nach diesem Paragrafen.

Zuwachs bei Delikten

Einen Zuwachs verzeichneten die Ermittler beim widerrechtlichen Zugriff auf Computersysteme sowie beim Missbrauch von Computerprogrammen und Zugangsdaten.

Cybermobbing blieb mit 462 Fällen nahezu gleich gegenüber 2023. „Die Aufklärungsquote ist bei Cybermobbing recht hoch, weil die Fälle meist im Beziehungs- oder Schulumfeld passieren. Von den 462 Fällen konnten wir 355 aufklären“, sagte Klaus Mits, Abteilungsleiter des Cybercrime-Centers (C4).

"Müssen Prioritäten  setzen"

Auch wenn jedes dritte Delikt geklärt wird und die Anzeigen gesunken sind, kämpfen die Ermittler bei der Auswertung der elektronischen Beweismittel mit einer enormen Datenmenge. Dies waren im Vorjahr 2.075 Terabyte und bedeuteten gegenüber 2023 (1.572 Terabyte) einen massiven Anstieg. „Wir müssen deshalb bei Ermittlungen Prioritäten setzen, sonst gehen wir mit den Fällen unter“, sagte Holzer. 

In anderen Ländern, etwa Rumänien, gebe es bereits eine Art Triage-System. Wenig aussichtsreiche Fälle oder Bagatelldelikte werden dabei zur Seite gelegt. „Das überlegt man derzeit auch in Österreich. Momentan ist das aufgrund des Offizialprinzips aber nicht möglich“, so Holzer. Strafverfolgungsbehörden müssen hierzulande strafbare Handlungen verfolgen, sobald sie Kenntnis davon erlangen.

Wenn etwa die Strafverfolgung aussichtslos ist, weil die Tatverdächtigen in Ländern leben, die sich nicht kooperativ zeigen – wie Russland –, sollte sich der Einsatz der Fahnder nach Meinung der Experten auf ein Minimum beschränken: „Sobald die polizeiliche Kooperation nicht gegeben ist, können wir einen Großteil der Ermittlungen abschreiben“, sagte Martin Grasel, Büroleiter der C4-Ermittlungen.

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