Brücke krachte auf Gleis: Prozess in Graz beendet

Millionenschaden im Februar 2015
Eine Minute vor Einsturz fuhr Zug an der Unglücksstelle durch: Geldbuße statt Verurteilung für Angeklagte.

„Das war ein Brückenwunder“, kommentiert der Richter und braucht nicht näher auszuführen, worauf er anspielt: Eine Minute, nachdem ein Intercity unter einer Brückenbaustelle in Frohnleiten durchgefahren ist, krachte das Bauwerk zusammen. Tonnenschwere Teile fielen am 21. Februar 2015 auf die Gleise.

Keine Verletzten

Dies hätte die größte Zugkatastrophe werden können, die Österreich je erlebt hat. „Hätte“, denn zum Glück wurde niemand verletzt. So klagt der Staatsanwalt nur fahrlässige Gemeingefährdung an, sechs Angeklagte kommen am Mittwoch zum zweiten Prozesstag in das Bezirksgericht Graz-West. Ursprünglich wurde gegen 21 Verdächtige ermittelt, der Sachschaden betrug 1,3 Millionen Euro.

Fünf Jahre später sitzen also nur noch sechs Männer vor dem Richter, ein siebenter hat bereits beim Verhandlungsauftakt Mitte Dezember offiziell Verantwortung eingestanden und um eine Diversion ersucht.

Ein Angebot

Das Angebot macht der Staatsanwalt am Mittwoch auch den übrigen Angeklagten, allesamt Statiker, Ingenieure, Bauunternehmer. Der Richter rät eindringlich, es anzunehmen. „Wir könnten das gesamte Verfahren heute beenden“, betont er und erinnert: Alle Angeklagten säßen im selben Boot. Außerdem würden sie sich und dem Staat ein langwieriges, teures Verfahren sparen.

Nach einer kurzen Verhandlungspause stimmen die Angeklagten und ihre Verteidiger zu. Somit ergeht in diesem Verfahren kein Urteil, es wird diversionell erledigt. Die Angeklagten übernehmen die Verantwortung, aber nicht die Schuld, das ist rechtlich ein feiner, aber wichtiger Unterschied. Auch für etwaige zivilrechtliche Prozesse im Anschluss habe diese strafrechtliche Entscheidung keine Bindung, beruhigt der Richter.

Akt geschlossen

So kommen die sechs Angeklagten um eine potenzielle Verurteilung herum. Stattdessen müssen sie nur Geldbußen in der Höhe zwischen 11.850 und 37.800 Euro zahlen, die Summen sind abhängig vom Einkommen. Begleichen sie die Bußen binnen einer gewissen Frist, wird der Akt geschlossen, die Männer gelten weiterhin als unbescholten. Teilweise übernehmen Rechtsschutzversicherungen die Geldbuße.

Kein Kriminalfall

Der Richter sieht in dem Brückeneinsturz ohnedies keinen „klassischen Kriminalfall, sondern eine Verkettung unglücklicher Umstände“: Laut Gutachten sei der Bauplan des Gerüsts geändert worden, das die Brücke sichern hätte sollen. Das wurde aber offensichtlich nicht allen Beteiligten mitgeteilt.

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