Brennerautobahn blockiert: Polizei will Staatsanwaltschaft einschalten

Aktivisten der „Letzten Generation“ blockieren eine Autobahn mit Transparenten.
Polizei wirft Klimaaktivisten grob fahrlässige Gefährdung der körperlichen Sicherheit vor.

Die Blockade der Tiroler Brennerautobahn (A13) am Donnerstag könnte für die Klimaaktivisten der „Letzten Generation“ erstmals strafrechtliche Konsequenzen haben.

Die Tiroler Polizei ermittelt derzeit wegen grob fahrlässiger Gefährdung der körperlichen Sicherheit nach Paragraf 89 StGB und wird nach Abschluss der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Innsbruck eine Sachverhaltsdarstellung bzw. eine Anzeige „zur strafrechtlichen Beurteilung“ erstatten.

Dies sagte der Leiter der Öffentlichkeitsarbeit der Tiroler Polizei, Manfred Dummer, zur APA und bestätigte einen Bericht der „Tiroler Tageszeitung“ (Freitagsausgabe). Bei diesem Vorgehen handle es sich um eine „Neuheit“, zumindest in Tirol, so Dummer.

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Konkret wird ermittelt, ob grob fahrlässig eine besondere Gefährdung für die anderen Verkehrsteilnehmer herbeigeführt wurde. Schließlich kamen die Aktivisten laut Polizei mit drei Autos auf die Brennerautobahn, die immer langsamer wurden, ehe die Fahrzeuge auf der Europabrücke stoppten.

Stau bis Innsbruck

„Dann stiegen sieben Personen aus, setzten sich auf die Fahrbahn und blockierten alle drei Fahrspuren in Richtung Brenner“, schilderte ein Polizeisprecher den Hergang gegenüber der „TT“. Sofort bildete sich ein Stau, der bald bis nach Innsbruck reichte.

Nicht einmal eine Rettungsgasse sei frei geblieben, die Einsatzfahrzeuge seien kaum durchgekommen, hieß es seitens der Verkehrsabteilung. Schließlich reagierte man schnell, die Bezirkshauptmannschaft verfügte in kurzer Zeit die Auflösung der unangemeldeten Aktion.

Mit daran beteiligt war übrigens auch die deutsche Aktivistin Anja Windl. Man fahnde nun vor allem auch nach den Lenkern der drei Pkw, die die Aktivisten zur Europabrücke gebracht haben sollen, erklärte Dummer. Zwei von ihnen wurden mittlerweile identifiziert, hieß es am Freitag bei einer Pressekonferenz. 

Reihenweise Anzeigen

Jedenfalls herrsche auf einer viel befahrenen Autobahn noch einmal eine ganz andere Gefährdungslage vor als im städtischen Bereich, in dem die Demonstranten ansonsten aktiv sind, begründete der Leiter der Öffentlichkeitsarbeit die nunmehrige Vorgangsweise auch in strafrechtlicher, und nicht nur in verwaltungsrechtlicher Hinsicht.

Verwaltungsrechtlich hagelte es ohnehin Anzeigen, etwa wegen unerlaubten Betretens der Fahrbahn sowie aufgrund der nicht angemeldeten Versammlung.

Die „Letzte Generation“ gab indes in einer Presseaussendung an, dass man mit den Behörden kooperiere und die rechtlichen Konsequenzen trage. Die drei Pkw-Lenker würden sich „umgehend bei der Polizei“ melden, „um den Sachverhalt zu klären. Das langsame Abbremsen dreier Autos auf der Europabrücke wurde sorgfältig geplant und so durchgeführt, dass keine Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer:innen entstand“, argumentierte die Gruppe.

Eine Sprecherin zeigte sich über der Fahndung überrascht, denn die Personen seien „ohne weiteres durch eine Lenker:innenerhebung zu ermitteln. Es besteht der Anschein, dass die heftigen Reaktionen aus der Tiroler Landespolitik mit den Pressemeldungen der Polizei zu tun haben könnten.“

Jeden Tag Blockaden

Landespolizeidirektor Helmut Tomac zog am Freitag ein Resümee der gesamten Einsatzwoche, denn jeden Tag fanden unangemeldete Blockaden statt. Er berichtete, dass 102 Anzeigen erstattet wurden. Außerdem gab es bei den insgesamt 13 Versammlungen zahlreiche Identitätsfeststellungen, vier Versammlungen wurden schließlich aufgelöst.

Tomac rechtfertigte bei der Pressekonferenz das Vorgehen der Polizei, nachdem dies seitens der Politik und teils auch medial kritisiert worden war. Zunächst hielt er fest, dass Österreich eine „Demokratie“ und ein „hoch entwickelter Rechtsstaat“ sei, in dem die „Versammlungs- und Meinungsfreiheit wesentlicher Bestandteil der Rechtsordnung sei“. Auch wenn eine Versammlung nicht rechtmäßig angemeldet sei, dürfe die Polizei eine solche laut der bisherigen Judikatur nicht einfach auflösen. „Es bedarf eines sehr hohen Grades einer Beeinträchtigung“, betonte Tomac.

Tirols oberster Polizist räumte aber auch Fehler ein. Am Dienstag war der Stadtteil Hötting von den Aktivisten praktisch komplett abgeriegelt worden. „Da wäre es durchaus angesagt gewesen, die eine oder andere Versammlung aufzulösen, um einen gewissen Verkehrsfluss aufrecht zu erhalten“, sagte er.

Klimaaktivisten blockieren eine Autobahn mit einem Banner vor einer Reihe von Fahrzeugen.

An diesem Tag verlangte zudem eine Ärztin vehement die Durchfahrt, weil sie - wie auf einem Video zu sehen war - zu ihren Patienten wollte. Erst nach einigem Zögern gewährten die Aktivisten der Medizinerin freie Fahrt. Dass hier auch Polizisten anwesend waren und nicht eingegriffen hatten, sei „ein berechtigter Kritikpunkt“, hielt Tomac fest.

Florian Greil, stellvertretender Leiter der sicherheits- und verwaltungspolizeilichen Abteilung, berichtete noch, dass sich im Laufe der Woche herausgestellt habe, dass rund 40 Personen den „Kern“ der Gruppierung bilden würden. Sie sind „überwiegend“ in Tirol wohnhaft, man könne daher nicht von einem „Demotourismus“ sprechen.

Greil, der auch als behördlicher Einsatzleiter fungierte, stellte außerdem fest, dass sich die Personen stets „absolut gewaltfrei im physischen Sinne“ verhalten hatten, auch bei der Auflösung einer Versammlung. Tomac fügte noch hinzu, dass zu keiner Zeit die medizinische Versorgung gefährdet gewesen sei, zudem wurde die Leitstelle Tirol stets vor Beginn der Versammlung von der „Letzten Generation“ informiert.

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