Breite Mehrheit für neues Kinderschutzgesetz nach Skandal um Betreuer

Breite Mehrheit für neues Kinderschutzgesetz nach Skandal um Betreuer
Gesetzesentwurf geplant: Wer wegen Missbrauchs an Kindern verurteilt wurde, soll nie wieder mit Kindern arbeiten dürfen.

Dass ein 2010 wegen Kindesmissbrauchs verurteilter Mann mehrtägige Ferien-Camps für Kinder veranstaltet und bis vor kurzem für den Alpenverein (ÖAV) Outdoor-Kurse für Acht-bis Zwölfjährige geleitet hat, ruft nun die Politik auf den Plan. Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP) will „Gesetzeslücken“ in diesem Bereich gemeinsam mit Familienministerin Susanne Raab (ÖVP) ehebaldigst schließen. Auch die Grünen sehen „gravierenden Handlungsbedarf“.


„Jetzt braucht es Regelungen, die tatsächlich greifen und Kindern umfassende Sicherheit garantieren“, sagte die Grüne Kinder- und Jugendsprecherin Barbara Neßler. Das sei mit einer punktuellen Maßnahme wie einem Berufsverbot nicht zu erreichen, gab sie gegenüber der APA zu bedenken: „Wir müssen Kinderschutz weiterdenken und umfassend betrachten. Dazu gehört jedenfalls auch die Gewerbeordnung und die pädagogischen Voraussetzungen, die man für dieses wichtige Arbeitsfeld mitbringen muss.“ Ziel müsse ein einheitlich geltendes Kinderschutzgesetz sein, „das diese Punkte klar und für Eltern nachvollziehbar regelt“.


Kinder und Jugendliche dürften im Freizeit- und Sportbereich nicht übergriffigen Betreuern ausgesetzt sein, hatte zuvor Jugendstaatssekretärin Plakolm erklärt: „Da muss alles zum Schutz der Kinder unternommen werden.“ Sie befinde sich „in enger, intensiver Abstimmung“ mit Ministerin Raab, um entsprechende gesetzliche Regelungen auf den Weg zu bringen.
Raab meinte wiederum im „Ö1-Mittagsjournal“, es müsse sichergestellt sein, dass jemand, der wegen Missbrauchs an Kindern verurteilt wurde, „nie wieder mit Kindern arbeiten darf“. Raab kündigte einen entsprechenden Gesetzesentwurf an.

Die Ministerin will, dass Gerichte zeitlich unbefristete Berufs- und Tätigkeitsverbote verhängen können, und zwar auch in Fällen, wo die Straftäter zum Zeitpunkt der Verurteilung noch gar nicht beruflich mit Kindern zu tun hatten. Derzeit ist dies - noch - Voraussetzung für einen derartigen Schritt.

Grundsätzliches Tätigkeitsverbot?


Jugendstaatssekretärin Plakolm strebt - ebenfalls losgelöst vom konkreten Beruf - grundsätzliche Tätigkeitsverbote im Kinder- und Jugendbereich für verurteilte Sexualstraftäter an, wenn diese wegen Verstößen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung rechtskräftig zu einer mehr als einjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden sind. Das sollte nach Ansicht von Plakolm nicht nur für entgeltlich-professionelle, sondern auch für ehrenamtliche Tätigkeiten gelten.


Plakolm kann sich darüber hinaus vorstellen, dass zukünftig jeder Ehrenamtliche, der in einem Verein Kinder und Jugendliche betreuen will, die seit 2014 bestehende erweiterte „Strafregisterbescheinigung Kinder und Jugendfürsorge“ vorlegen muss. Nur in dieser, nicht aber in der herkömmlichen Strafregisterbescheinigung scheinen Berufs- und Tätigkeitsverbote sowie allfällige, aus einer gerichtlichen Verurteilung resultierende Weisungen oder eine vom Gericht angeordnete Aufsicht bei sexuell motivierten Gewalttaten auf. Auch eine Verlängerung der bestehenden Tilgungsfristen bei Sexualstraftaten - derzeit sind ausschließlich mehr als fünfjährige Freiheitsstrafen untilgbar - zieht Plakolm in Betracht.


Es gehe vor allem auch darum, den auf Kinder und Jugendliche ausgerichteten, oft ehrenamtlich strukturierten Vereinen „eine Rechtssicherheit und Handhabe zu geben“, betonte die Jugendstaatssekretärin. Sie sollten die erforderlichen Instrumente zur Gewährleistung eines engmaschigen Schutzes der ihnen anvertrauten Kinder erhalten. Ziel müsse es sein, einschlägig vorbestraften bzw. entsprechend veranlagten Männern, die aus unlauteren Motiven ein Gelegenheitsverhältnis zur körperlichen Kontaktaufnahme mit Kindern und Jugendlichen suchen, kein Beschäftigungsverhältnis bzw. keine ehrenamtliche Tätigkeit mehr zu ermöglichen.

Grüne signalisieren Zustimmung


Der Grüne Koalitionspartner signalisierte dazu am Dienstag Zustimmung. „Der Kampf gegen Gewalt und Missbrauch ist auch ein politischer Auftrag. Wir können nicht nur den Organisationen die Überprüfung überlassen, sondern müssen Rahmenbedingungen schaffen, die alle Anbieter von Kinder- und Jugendbetreuung einzuhalten haben“, erklärte Kinder- und Jugendsprecherin Neßler.

In einer Presseaussendung trat sie - angelehnt an einen Vorschlag der Kinderschutzorganisation Möwe - für ein österreichweites Kinderschutzgesetz und die verpflichtende Einführung eines Gütesiegels für Anbieter von Kursen für Kinder und Jugendliche ein, die Qualitätskriterien erfüllen und damit das Kindeswohl garantieren: „Es muss sichergestellt werden, dass Personen, die mit Kindern arbeiten, ein sorgfältiges Auswahlprozedere durchlaufen und fundierte pädagogische Aus- und Weiterbildungen vorweisen können.“


„Wir fordern zum Schutz der Kinder ganz klar, dass Sexualstraftaten nicht getilgt werden dürfen“, meinten die freiheitliche Frauensprecherin Rosa Ecker und FPÖ-Justizsprecher Harald Stefan. Entsprechende Vermerke im Strafregister müssten lebenslang eingetragen bleiben, meinten sie in einer gemeinsamen Presseerklärung. Beide bekräftigten die Forderung nach einem grundsätzlichen Berufs- und Tätigkeitsverbot in der Kinder- und Jugendarbeit für wegen Kindesmissbrauchs und ähnlicher Delikte Vorbestrafte.

Auch die FPÖ ist für ein österreichweit geltendes Kinderschutzgesetz. „Personen, die wegen sexuellen Missbrauchs vorbestraft sind, sollen auch nicht länger mit einem freien Gewerbe Freizeit- oder Sport-Kurse für Kinder abhalten dürfen“, hielten Ecker und Stefan fest.

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