Braune Uni-Geschichte hinterm Putz: Aufarbeitung in Innsbruck

Während der NS-Zeit prangte ein Hitler-Mosaik in der Aula der Uni Innsbruck
Zu ihrem 350-Jahr-Jubiläum arbeitet die Universität ihre Geschichte während und nach der NS-Zeit auf

In der Porträt-Serie von ehemaligen Rektoren in der Universität Innsbruck klafft eine Lücke. Harold Steinacker ließ sich nach seiner Amtszeit (1938 bis 1942) nämlich nicht wie üblich in einen Talar, sondern in eine NS-Uniform gewandet malen.

Und auch der Uni selbst drückte er einen eindeutigen Stempel auf, der den ideologischen Übereifer des Rektors belegt. Bereits kurz nach dem „Anschluss“ Österreichs an Nazi-Deutschland gab Steinacker das riesige Mosaik einer Hitler-Darstellung für die Aula der Uni in Auftrag, dass den Diktator in Ritterrüstung zu Pferd und mit Hakenkreuzfahne zeigt.

Das Original mit dem Titel „Der Bannerträger“ war ein Geschenk des Tiroler Künstlers Hubert Lanzingers an Hitler. Der Maler lieferte auch die Vorlage für das Mosaik. „Es wurde 1945 abgeschlagen und mit einer Putzoberfläche übertüncht. Lange wusst man nicht, wo es angebracht war“, erzählt Dirk Rupnow, Dekan der Philosophisch-Historischen Fakultät der Uni Innsbruck.

Sondierung in die Vergangenheit

Für ihn ist die Geschichte des Mosaiks, dessen Reste 2017 durch Sondierungsbohrungen nachgewiesen werden konnte, sinnbildhaft für den Umgang der Universität mit ihrer Geschichte während der NS-Zeit. „Über die wurde jahrzehntelang nicht geredet“, sagt der Zeithistoriker. Vereinzelte Versuche der Aufarbeitung ab den 1980er-Jahren seien damals noch auf Widerstände gestoßen.

Zu ihrem heuer anstehenden 350-Jahr-Jubiläum will sich die Universität nun auch mit den dunklen Kapiteln ihrer Geschichte auseinandersetzen. Dazu gehört auch der Umgang mit Christoph Probst. Der deutsche Medizinstudent, nach dem seit 1993 der Vorplatz der Alten Uni benannt ist, wurde 1942/43 zum Studium nach Innsbruck versetzt. Gemeinsam mit Hans und Sophie Scholl wurde er als Mitglied der studentischen Widerstandsbewegung „Weiße Rose“am 22. Februar 1943 in München hingerichtet.

Das hielt einen „Dreierausschuss“ des Innsbrucker Rektorats nicht davon ab, ihn am selben Tag noch „dauernd vom Studium an allen deutschen Hochschulen“ auszuschließen. Bei einer Gedenkstunde am Donnerstagabend in der Aula wird Probst von der Universität rehabilitiert und seine Exmatrikulation zumindest symbolisch rückgängig gemacht.

Kein Widerstandsnest

Rupnow, der die Uni-Geschichte mit mehreren Kollegen aufarbeitet, macht aber klar: „Es ist ja eher ein Zufall, dass Probst in Innsbruck studiert hat und dann eben hier verhaftet wurde. Innsbruck war kein Widerstandsnest.“

Ein Indiz für die an der Universität vielmehr vorherrschende Geisteshaltung ist, dass es bereits vor dem „Anschluss“ kaum jüdische Professoren gab. Nach 1945 wehte der Wind lange in die gleiche Richtung weiter. Das zeigen fragwürdige Ehrungen, die nun ebenfalls untersucht und dokumentiert werden. So ernannte die Universität etwa 1970 Hanns Martin Schleyer zum Ehrensenator.

Der Deutsche ist heute vor allem als Entführungs- und Mordopfer der RAF (1977) im Gedächtnis. Vor seine Karriere als Wirtschaftsfunktionär im Nachkriegsdeutschland war Schleyer jedoch im Nazi-Regime involviert. So wurde er etwa als NS-Studentenfunktionär nach Innsbruck geschickt. Schleyer ist einer von mehreren Geehrten, deren Auszeichnung heute kritisch gesehen wird.

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