Bandidos in Österreich "gelandet"

Bandidos in Österreich "gelandet"
Rockerbande ist in Salzburg aktiv und will offenbar nach Wien expandieren.

In Motorrad-Rockerkreisen gilt das als gewaltige Provokation. Mitten im (österreichischen) Territorium der Hells Angels gründen die Bandidos eine Niederlassung. Dieser Neubeginn soll offenbar demnächst mit einem großen "Fest" in einer blutigen Kampfsportart vor bis zu 6500 Zuschauern gefeiert werden.

Der Verfassungsschutz ist bereits alarmiert und "hat die Vorgänge im Auge", wie dem KURIER bestätigt wird. Der deutsche Rockerkrieg (siehe Zusatzbericht unten) könnte damit nach Österreich überschwappen. Die Alpenrepublik ist das "missing link" zwischen dem Balkan und der Drogenroute nach Deutschland und Skandinavien, wo die Hauptinteressen der Rocker liegen. Bisher galt Österreich als reines Gebiet der Hells Angels, die alle konkurrierenden Gruppen geschluckt haben.

40 Rocker in Salzburg

Die im Juni eröffnete Niederlassung der "Bandidos" ist allerdings (noch) kein offizielles Charter, wie die Filialen heißen. An der Salzburger Adresse ist vorerst nur eine "Werbe-, Internet- und Eventagentur, die Handel mit Waren aller Art" betreibt, angemeldet. Laut Nachbarn und Verfassungsschutz gehen in dem Haus (und in der benachbarten Strip-Bar) Bandidos ein und aus. Bis zu 40 Mitglieder sind im Umfeld zu sehen. Dem KURIER liegen Fotos von einem Treffen vor.

Mariann Buljkic, die Geschäftsführerin des Verkaufslokals, meint in einer schriftlichen Stellungnahme, dass das Unternehmen "mit einem Motorradclub oder Bandidos" nichts zu tun habe. "Unsere Firma hat das Geschäftslokal im Erdgeschoss gemietet und vertreibt dort Kampfsportartikel. Auch organisieren wir Veranstaltungen in den Bereichen Kampfsport & Tattoo Conventions." Ihr seien bisher keine Bandidos zu Gesicht gekommen.

Das Geschäft selber ist allerdings in den Clubfarben der Bandidos bemalt und wird auf seiner Facebookseite als "Shop" bezeichnet. Dieser ist allerdings nicht unbedingt kundenfreundlich, die Auslagen sind schwarz verklebt, der Einlass ist mit einer Überwachungskamera gesichert. Laut Internetseite gibt es hier Security-Bedarf wie Pfefferspray und zwei T-Shirts zu kaufen. Diese beiden Bekleidungsstücke sind ebenfalls in den Clubfarben der Bandidos gehalten – Rot und Gelb. Eines hat den Aufdruck ACAB, die englische Abkürzung für "alle Polizisten sind Bastarde".

Den Rockern wird im Umfeld ein "freundliches Auftreten" attestiert. Das passt ins Bild: Die breite Masse bleibt von den Banden meist unbehelligt, umso härter ist das Vorgehen innerhalb und gegen die Konkurrenz.

Blutige Kämpfe

Bandidos in Österreich "gelandet"
Das "Geschäft" in Salzburg tritt auch als Hauptsponsor eines "Mixed Martial Arts"-Kampfes im Dezember in der Salzburg Arena auf. Diese blutigen Kämpfe, bei denen auch am Boden liegende Gegner geschlagen werden dürfen, forderten bereits (offiziell) drei Tote. Knochenbrüche gehören zum Geschäft dazu. Die Fights sollen von Rockergangs mitfinanziert werden, heißt es in der Szene. In Deutschland gab es bereits Schlägereien zwischen Bandidos und Hells Angels im Umfeld solcher Kämpfe, in Australien endete einer in einer Schießerei zwischen den Rockergruppen.

Gegenseitig verhöhnen einander die Rocker als "Tacos" und "Affen", wobei Letzteres auf das Hells-Angels-Emblem AFFA (Angels forever, forever Angels) anspielt. Beide werden vom Bundeskriminalamt als "kriminelle Organisationen" eingestuft. Verfahren gab es in Österreich bisher nur gegen einzelne Mitglieder, nie aber gegen die gesamte Gruppe. Diese sieht sich aber von Behörden und Medien verfolgt.

Das Salzburger "Geschäft" will demnächst eine Filiale in Wien eröffnen. Auch das könnte eine Provokation sein – denn dort ist ein Charter der Hells Angels.

Der deutsche Staatsanwalt warnte vergangenen Freitag vor "Zuständen wie auf Sizilien". Die Bandidos seien auf dem Weg, eine neue Form der Mafia zu werden. Wenig später wurde Bandido Christopher H. (31) wegen versuchten Totschlags an einem Hells Angel in Frankfurt zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt. Demnächst verhandelt das Landgericht Ulm einen mutmaßlichen Mord an einem "Höllenengel" durch einen "Banditen".

Der offizielle Friedensschluss vor laufenden TV-Kameras im Jahre 2010 zwischen den deutschen Rockerbanden, die im Drogen- und Menschenhandel aktiv sein sollen, dürfte eine Show gewesen sein. Im Verborgenen tobt der Kampf weiterhin. Dazu kommen Kämpfe innerhalb der Hells Angels. Junge Rocker mit Migrationshintergrund und die alte Garde liefern einander Grabenkämpfe. Seit der Verhaftung des deutschen Hells-Angels-Chefs Frank Hanebuth in Spanien im Vorjahr ist ein Machtvakuum entstanden.

Die Ursachen für die Rivalität liegen Jahrzehnte zurück. 1948 wurden die Hells Angels in den USA gegründet, durch Hollywood-Filme wurden sie zum Mythos. 1966 gründeten Vietnam-Veteranen die Bandidos. Im Gegensatz zu den "Engeln" nahmen sie Mexikaner auf. Die Bandido-Clubfarben sind Rot und Gelb – wie bei den US-Marines. Seither gelten sie den "Höllenengeln" aber als Eindringlinge.

In den 90er-Jahren eskalierte der Rockerkrieg in Skandinavien. Der Kampf um den Drogen- und Waffenhandel wurde mit Handgranaten, Maschinenpistolen und Panzerfäusten geführt. Es gab zwölf Tote und 96 Verletzte. Anschließend verlagerten sich die Auseinandersetzungen nach Deutschland, wo die Polizei mehrere Filialen schloss. Diese werden bei den Hells Angels "Charter" genannt und "Chapter" bei allen anderen Rockergangs. Derzeit wird heftig expandiert, in Osteuropa wurden laut Europol innerhalb von fünf Jahren 220 neue Chapter gegründet.

In Österreich sind laut Bundeskriminalamt etwa 300 Hells Angels aktiv. Diese Gruppe wird als "kriminelle Organisation" eingestuft. Helmut Soukal, Präsident des Wiener Charters, sah die "Höllenengel" in einem Interview hingegen als Opfer der Presse: "Wenn man etwas über die Hells Angels liest, geht es immer nur um Waffen, Drogen, Prostitution und Menschenhandel. Und alle von uns sollen davon leben. Das entspricht ja nicht den Tatsachen."

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