Tödliche Flucht vor der Polizei: Auf Drogen, aber ohne Führerschein

Autos fahren mit hoher Geschwindigkeit durch einen Tunnel.
Ein 17-Jähriger starb in Wien nach einer wilden Verfolgungsjagd mit der Polizei, in München forderte eine Flucht ein Todesopfer. Warum Autofahrer ein derart hohes Risiko eingehen

Eine Polizeistreife will die Insassen eines Audi kontrollieren. Anstatt anzuhalten, drückt der 15-jährige Lenker das Gaspedal durch und flüchtet mit 140 km/h.

Die Streife nimmt die Verfolgung auf. Kurz darauf ist der 17-jährige Beifahrer tot. Der Lenker hatte die Kontrolle verloren und war gegen einen Lichtmasten gekracht. So geschehen am 5. Juli in Wien-Hernals. Auch in München ergriff ein Autofahrer vor wenigen Tagen die Flucht vor der Polizei und erfasste einen 18-Jährigen, der an einer Bushaltestelle wartete. Auch er starb. Zwei Einzelfälle – oder häufen sich Unfälle nach Verfolgungsjagden?

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Kein eigenes Delikt

Offizielle Statistiken dazu gibt es nicht. „Verfolgungsjagd per se ist ja kein Delikt, aber im Zuge einer solchen werden immer wieder diverse Delikte gesetzt“, sagt Patrick Maierhofer, Sprecher des Innenministeriums.

Ein Beispiel: Ein junger Mann fährt ohne Führerschein und auf Drogen ein nicht zugelassenes Auto, ein Polizist will den Lenker kontrollieren. Der Fahrer ignoriert die Anhaltezeichen und fährt auf den Beamten zu. Dann rast er weiter durch ein Ortsgebiet, missachtet auch sämtliche rote Ampeln und Schutzwege.

„Da fallen gleich mehrere mögliche Delikte zusammen, unter anderem Widerstand gegen die Staatsgewalt, Gefährdung der körperlichen Sicherheit des Beamten sowie von Fuß- oder Spaziergängern, Fahren unter Drogeneinfluss und ohne Führerschein und dann noch sämtliche Verwaltungsübertretungen“, so Maierhofer.

Die Erfolgsquote bei Fluchten sei generell gering, sagt der Sprecher. Dabei ist die letzte spektakuläre Verfolgungsjagd mit der Polizei noch gar nicht lange her: Vor drei Wochen überfiel eine Einbrecherbande einen Juwelier in Wiener Neustadt – sie gingen bei dem Coup aber leer aus. Mit einem gestohlenen BMW ergriffen die Täter die Flucht, die Polizei war ihnen dicht auf den Fersen. Doch die Bande zog auf der Autobahn davon. Bei all ihren Raubzügen fuhren die Kriminellen einen BMW. Das wundert Verkehrspsychologen Rainer Christ nicht. „BMW haben in den Kreisen Kultstatus, sie sind im Vergleich zu anderen Marken überrepräsentiert“, sagt Christ.

Gründe für Rasen

Auch wenn es keine offiziellen Statistiken gibt, könne man trotzdem einiges über das Profil der Flüchtenden sagen. „In 90 Prozent der Fälle handelt sich um junge Männer, die eine besondere Beziehung zu ihrem Auto haben.“ Die Personen hätten meist keine Ausbildung oder Job und würden sich deshalb über ein herausgeputztes Auto oder einen besonderen Fahrstil Wertschätzung ihres Umfelds holen“, erklärt der Psychologe. Viele wären dann auch bereit, eine Hypothek aufzunehmen, um ihren Wagen in Szene zu setzen. Ein Großteil dieser Jugendlichen hätte laut Verkehrspsychologen zudem nie gelernt, ihre Impulse zu kontrollieren. „Für viele ist die Polizei außerdem Sinnbild für Autorität, mit der sie in Konflikt stehen“, sagt Christ. Wenn die Personen während der Fahrt auch noch unter Drogen- oder Alkoholeinfluss stehen, komme es schnell zu einer Kurzschlussreaktion – die Jagd mit der Polizei beginnt.

Mehr Drogenlenker

Die Zahl der Drogenlenker habe sich laut Christ seit 2011 versiebenfacht. „Durch aufputschende Drogen wird die Selbstwahrnehmung verzerrt. Die Personen überschätzen ihre Fahrkünste“, schildert der Experte. Neben Suchtmitteln spiele auch das Alter eine Rolle. In der Pubertät gehe es schließlich darum, sich zu beweisen. „Und wie könnte man sich vor seinen Freunden oder einer Frau besser profilieren, als vor der Polizei davonzufahren?“

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