Anti-Gewalttraining: Die Sprachlüge der Täter

Symbolbild.
Bluttat in Tulln zeigt deutlich die Schwächen des Systems. Der Täter täuschte Sprachprobleme nur vor.

Der Fall des 36-jährigen Mazedoniers, der auf einem Supermarkt-Parkplatz in Tulln seine 32-jährige Frau mit einem Dolch erstochen haben soll, zeigt deutliche Schwächen des Systems auf. Das gerichtlich angeordnete Anti-Gewalttraining mit dem Mann musste wegen „Verständigungsproblemen“ abgebrochen werden. Nach der Bluttat zeigt sich aber nun, dass Xhemajl M. bestens Deutsch beherrscht. Das behauptet sein Strafverteidiger Wolfgang Blaschitz. Dass das Anti-Gewaltprogramm aus Sprachgründen nicht stattfand, kann der Rechtsanwalt nur schwer nachvollziehen.

„Die Sache ist leider kein Einzelfall. Mit dieser Problematik haben wir oft zu kämpfen“, erklärt hingegen Andreas Zembaty vom Bewährungshilfeverein Neustart. „Viele Klienten, die uns zugewiesen werden, empfangen uns natürlich nicht jubelnd. Da werden gerne Gründe vorgeschoben, damit sie die Beratungsstunden nicht machen müssen“, erklärt Zembaty.

Dass gerade Täter oder Gefährder mit ausländischen Wurzeln miserable Sprachkenntnisse mimen, sei dabei keine Seltenheit. Im Fall des Mordverdächtigen musste deshalb nicht nur das Anti-Gewalttraining, sondern auch die Psychotherapie erfolglos abgebrochen werden.

Anti-Gewalttraining: Die Sprachlüge der Täter

Männerberater Josef Aigner

Ausreden

2018 fanden an elf Standorten der Caritas-Männerberatung in Niederösterreich 650 Beratungen zum Thema Gewalt statt, im Rahmen des Antigewaltprogramms gab es 430 Gespräche. „Wichtig ist, keinen der Täter zu überreden. Nur wenn es gelingt, ihnen individuelle Lösungen anzubieten, kommen sie auch gerne zur Beratung“, schildert Männerberater Josef Aigner.

Die Aufgabe der Betreuer sei es, nicht auf die Ausreden der Klienten einzugehen und einen wertschätzenden Kontakt aufzubauen. „Dass sie schlimm und böse sind, hören sie vom Richter oder der Polizei. Wenn wir auch nur belehren, verlieren wir den Kontakt und es kommt zum Abbruch“, so Aigner. In der Regel findet eine Sitzung des Antigewaltprogramms wöchentlich bis vierzehntägig mindestens 20-mal statt. „Da kann man schon von einer lang andauernden Betreuung reden. In vielen Fällen dauert der Beratungsprozess ein halbes Jahr", sagt Aigner.

Auch aus seiner Erfahrung muss der Berater leider bestätigen, dass Abbrüche des Antigewaltprogramms leider die Regel und nicht die Ausnahme sind. "Die Justiz erteilt Weisungen. Wir können aber niemanden zwingen mit uns zu sprechen", erklärt Aigner.

Was die Caritas-Männerberatung begrüßt, sind die Pläne der Regierung ein verpflichtendes Anti-Gewalttraining nach jeder Art von häuslicher Gewalt einzuführen.

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