Als Kind bei Mörderin: Belastende Dokumente sind weg

Walfried Janka kämpft weiter
Zwei Seiten aus dem Akt fehlen: Versagen des Jugendamtes führt zu politischem Diskurs in der Steiermark.

Walfried Jankas Leben als „Fall“ zu bezeichnen, fällt nicht nur Politikern schwer. Aber die Geschichte des mittlerweile 52-Jährigen wird ein Fall für die steirische Politik oder eigentlich: erneut ein Fall. Nachdem das Land Steiermark Jankas Schadenersatzforderungen von 500.000 Euro abgewiesen hat, haken die Grünen nun nach. Sie wollen wissen, wie aus einem 270 Seiten dicken Akt zwei Seiten verschwinden können? Ausgerechnet jene beiden, die das Jugendamt belasten könnten.

Doch der Reihe nach. Walfried Janka wuchs als Pflegekind im Bezirk Leibnitz auf. Er wurde verprügelt, an das Bett gefesselt, in einen dunklen Raum gesperrt (der KURIER berichtete mehrfach). Von der Pflegemutter -  einer Frau, die rechtskräftig wegen Mordes verurteilt worden ist. Sie hatte ihr eigenes Kind getötet.

Jugendamt sah nichts

Dem Leibnitzer Jugendamt der 1970er-Jahre ist das nicht aufgefallen. Auch nach Kontrollen in dem Haus nicht, in dem noch zwei weitere Pflegekinder untergebracht waren. Als 16-Jähriger landete Janka auf der Psychiatrie. Besser ging es ihm dort nicht. Als er 19 wurde, entlud sich seine Wut. Er tötete einen Taxler. Aber das ist ein anderer Teil seiner Geschichte. Seit Jahren bemüht sich der 52-Jährige um Antworten. Wie konnte die Behörde ihn sowie weitere Kinder zu einer erwiesenermaßen gewalttätigen Frau stecken? Das Land Steiermark gestand ihm heuer im Sommer 25.000 Euro zu, die Höchstsumme möglicher Entschädigungen.

Janka fordert jedoch das 20-Fache und will mit Aktenvermerken belegen: Die Bezirkshauptmannschaft Leibnitz soll gewusst haben, dass die Pflegemutter eine verurteilte Mörderin war. Aber exakt dieser Eintrag ist nun nicht mehr in den Unterlagen der Behörden zu finden. Seltsam, befindet Abgeordnete Sandra Krautwaschl. „Es ist wohl auszuschließen, dass aus einem 270 Seiten dicken Akt gerade jene zwei Seiten zufällig verloren gehen“, moniert die Landtagsabgeordnete und stellt damit Absicht in den Raum.

Sieben Fragen

Ganz verloren sind die Seiten glücklicherweise nicht. Janka hat sie 2016 fotografiert. Im Herbst 2018 waren sie aber nicht mehr da, als der Akt von der Bezirkshauptmannschaft an das Gewaltschutzzentrum Graz übermittelt wurde. Damit ginge aber der Teil verloren, der Jankas Glaubwürdigkeit untermauere, betont Krautwaschl. Deshalb stellte sie Soziallandesrätin Doris Kampus, SPÖ, schriftlich sieben Fragen: Unter anderem will sie wissen, wie viele Personen in den vergangenen drei Jahren den Akt hatten, ob eine interne Untersuchung eingeleitet worden sei und ob das Foto der fehlenden Seiten als Beweis genüge.

Kampus wird auf die Fragen schriftlich reagieren. In früheren Stellungnahmen betonte sie, die „Aufarbeitung sei für Betroffene und Gesellschaft wichtig“.

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