2022 war für Gletscher "Worst-Case-Szenario"

Die Pasterze am Fuße des Großglockners gehört zu den großen Verliereren
„Es passiert jetzt und nicht irgendwann.“ So dramatisch schilderte ein Tiroler Bergführer seinen Freunden im heurigen Sommer, wie er das Abschmelzen der Gletscher in dieser Saison erlebte.
Die einst imposanten Eispanzer in den heimischen Bergen sind der Seismograf für den Klimawandel, der vor den österreichischen Alpen nicht Halt macht. Während die Menschen in Tallagen im Hitzesommer schwitzten, ging es den Gletschern nicht besser. Für die sei 2022 „ein Worst-Case-Szenario“ gewesen, resümierte Marion Greilinger von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) Ende September nach Herbstmessungen.
Diese ergaben, dass die großen Gletscher Österreichs heuer zumindest doppelt so schnell abgeschmolzen sind, wie im langjährigen Durchschnitt. Der größte von ihnen, die Pasterze, hatte sogar eine vier Mal höhere Schmelzrate.
Beim alljährlichen Gletschermonitoring des Alpenvereins, das natürlich auch auf der Pasterze stattfindet, mussten die Vermesser im Herbst für ihre Arbeit immer wieder Schmelzwasserbäche queren.
Erst vergangene Woche hatte auch Tirols Bergsporführerverband eindringlich vor den massiven Veränderungen in den Bergen gewarnt, die der Klimawandel mit sich bringt. „Die Gletscher zeigen sehr deutlich, was da los ist“, so Verbandspräsident Thomas Rabl.
Vor Augen geführt
So manchem Kunden werde der Ernst der Lage erst bewusst, wenn sie die Veränderungen mit eigenen Augen sehen: die riesigen Risse, die sich im Eis auftun etwa oder das Bröseln der Berge, das der schwindende Permafrost mit sich bringt. Heuer waren diese Veränderungen „extrem zu spüren“, sagt Rabl.
Und das führt zurück zum „Worst-Case-Szenario“, von dem Greilinger gesprochen hat: ein schneearmer Winter gefolgt von einem heißen Sommer, dazwischen legte sich im März noch Sahara-Staub auf das Eis und Schnee – die dunkle Schicht beschleunigte die Schmelze zusätzlich.
Für den Sommer-Bergsport bedeutet der Klimawandel, dass manche Alpintouren gar nicht mehr oder nur noch eingeschränkt möglich sind. Und im Winter? Da wird heuer etwa wegen des Extremjahres am Dachsteingletscher kein Skibetrieb möglich sein.
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