17 Raubüberfälle in Österreich: Schwede zu langer Haft verurteilt

Der 54-Jährige identifizierte Österreich als wohlfeiles Pflaster für Bankräuber. Unmengen erbeutete er in neun Jahren aber nicht.

Als längstdienender Bank- und Posträuber der jüngeren heimischen Kriminalgeschichte musste sich ein 54-jähriger Schwede am Freitag am Wiener Landesgericht verantworten. Der Mann hatte von August 2009 bis April 2018 17 Überfälle in Wien, Linz und Graz begangen, wobei er jeweils maskiert und mit einer Schreckschuss-Pistole oder einer Softair-Waffe auftrat.

Das Wiener Landesgericht verurteilte ihn zu zwölfeinhalb Jahren Haft. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Bei einem Strafrahmen von einem bis 15 Jahren sei die verhängte Strafe schuld- und tatangemessen, sagte die vorsitzende Richterin Magdalena Klestil-Krausam in der Urteilsbegründung. Bei dem langen Deliktszeitraum - nicht weniger als neun Jahre - und der Vielzahl der Fakten fiel das Geständnis bei der Strafbemessung kaum ins Gewicht. Dagegen wurden die psychischen Folgen bei den Überfallenen erschwerend berücksichtigt: "Sie haben zig Personen in Todesangst versetzt. Die haben um ihr Leben gezittert."

Österreich als "Paradies" für Bankräuber

Er habe "keine andere Möglichkeit gesehen", hatte der Angeklagte, der äußerlich eher an einen Buchhalter als einen Serien-Räuber erinnerte, zum Motiv erklärt. Nach einem Studium der Sprachwissenschaften mit Hauptfach Deutsch war es dem Schweden nicht gelungen, beruflich Fuß zu fassen. Er wollte in seiner Heimat als Übersetzer arbeiten, fand aber kaum Aufträge. 2009 habe er sich deshalb zu einem Banküberfall entschlossen, erzählte der 54-Jährige einem Schöffensenat. Übrigens nicht zum ersten Mal - in den 1990er-Jahren war er damit schon in Dänemark und Schweden kriminell in Erscheinung getreten.

Diesmal kam für ihn ein Raubüberfall auf eine skandinavische Bank nicht mehr infrage. Das sei dort inzwischen "praktisch unmöglich", legte der Angeklagte dar. Als er im Internet einen Artikel fand, wo Österreich als "Paradies" für Bankräuber dargestellt wurde, reifte in dem Mann die Überzeugung, "dass es in Österreich relativ günstig sein könnte". Fortan reiste er regelmäßig mit öffentlichen Verkehrsmitteln über Deutschland ein und beging bis zum Frühjahr 2018 insgesamt 17 Raubüberfälle - zuletzt war die Anklage noch um ein Faktum ergänzt worden. In Summe erbeutete er eher maue 186.000 Euro.

"Aufhören war keine Option"

Unter Verweis auf seine Hochschulbildung und seine Sprachkenntnisse fragte die vorsitzende Richterin, ob nicht eine andere Möglichkeit bestanden hätte, zu Geld zu kommen. "Aufhören war keine Option", antwortete der 54-Jährige, der die längste Bankraub-Serie eines Einzeltäters in Österreich hingelegt hatte. Die Alternative wäre "dauerhafte Arbeitslosigkeit" gewesen: "Ich wäre untergegangen."

Der Mann lebte als Einzelgänger ohne Familie, Freunde und mit "nur oberflächlichen Beziehungen", wie er dem Gericht offenbarte. Das und dass er nur zu Raubzügen nach Österreich kam, erschwerte seine Ausforschung. Festgenommen wurde er, nachdem im Vorjahr in der deutschen TV-Fahndung "Aktenzeichen XY ungelöst" Bilder aus Überwachungskameras ausgestrahlt wurden.

Es meldete sich ein einziger Hinweisgeber, aber dessen Tipp war erstklassig: Der Mitarbeiter eines Self-Storage-Lagers in Berlin hatte in dem Gesuchten einen Kunden wiedererkannt. Der Schwede konnte in dem Lager, wo er auf einem Quadratmeter seine Habseligkeiten untergebracht hatte, dingfest gemacht werden. Er wurde in weiterer Folge an Österreich ausgeliefert.

Keine Perspektive: Bankräuber musste nach Linz wechseln

Vor Gericht schilderte der Angeklagte nun in nüchternen und trockenen Worten seine Raub-Serie, wobei der Staatsanwalt lobend anmerkte, es sei "bewundernswert, dass er sich an alle Fakten, Details und die jeweilige Beute erinnern kann". Vor den Überfällen maskierte sich der Schwede stets mit Schal, Wollhaube oder Sonnenbrille und bewaffnete sich mit einem Schreckschuss-Revolver oder einer Softair-Waffe. Beim ersten Coup in der Bundeshauptstadt erbeutete er lediglich 20 Euro: "Die Filiale war leider bargeldlos. Da musste ich schnell noch einen machen. Ich konnte nicht mit leeren Händen Österreich verlassen."

Wenige Stunden später legte er daher in einer anderen Bank-Filiale einen Zettel ("Überfall! Geld her!") auf das Kassa-Pult: "Der Angestellte hat mich nicht ganz ernst genommen. Er hat Geld in die Luft geworfen und Zeit verzögert. Ich musste ihm den Gasrevolver zeigen." Dann fand der Mann in Wien keine geeignete Bank mehr, die seinen Vorstellungen - kaum Kunden, keine Security-Mitarbeiter, passable Fluchtwege - entsprach. Er verlagerte seine Tätigkeit nach Linz.

In der oberösterreichischen Hauptstadt geriet der bewaffnete Räuber an eine Angestellte, die zum dritten Mal innerhalb eines Jahres überfallen wurde. "Nicht schon wieder", rief die Frau entsetzt. Danach ging es für den Täter weiter nach Graz: "Linz war schwierig. Eine Person hat versucht, mich festzunehmen. Sie ist mir nachgelaufen." Graz zahlte sich nicht aus, weil die Beute dürftig ausfiel, versuchte es der Schwede dann wieder in Wien, sattelte aber zwischendurch auf Postämter um, weil es dort keine Securities gab .

Karriereende nach neun Jahren

Beim letzten Coup - betroffen war eine Bank in Wien - erbeutete der Mann knapp 35.000 Euro. Er reiste danach für zwei Wochen nach Mailand und verspielte das Geld im Casino. Als er danach nach einer Zwischenstation in Deutschland mit seiner illegalen Geldbeschaffung weitermachen wollte, ging seine kriminelle Reise nach fast neun Jahren zu Ende.

Der 54-Jährige hatte in seiner Jugend in Deutschland Deutsch studiert, daher fiel ihm die Verständigung mit den heimischen Bankangestellten nicht schwer. Österreich sei "kein besonders lukrativer Ort für Bankräuber", konstatierte der damalige Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) nach der Festnahme des Schweden.

Kommentare