Vieldiskutierter Schüssel
Josef Ertl
Besonders für Sozialdemokraten, die ihm die schwarz-blaue Koalition (2000–2007) nicht verziehen haben. Er brach mit der Vranitzky-Doktrin der 1980er-Jahre, die eine Zusammenarbeit mit den Freiheitlichen ausschloss.
Für die oberösterreichische ÖVP war der schwarze Kanzler ebenfalls ein nur schwer zu schluckender Brocken. Hat er doch ein halbes Jahr vor der Landtagswahl 2003 sowohl die Pensionsreform als auch die vollständige Privatisierung der voestalpine durchgezogen. Erich Haiders SPÖ nutzte die Gunst der Stunde und führte die Roten mit einem Plus von über elf Prozentpunkten zu einem 38,3-Prozent-Hoch. Dieser Zuwachs ging fast ausschließlich auf Kosten der Freiheitlichen, die mehr als zwölf Prozent verloren und auf 8,4 Prozentpunkte abstürzten. Die Pühringer-ÖVP war über ihren Zuwachs von 0,7 Prozent auf 43,4 Prozent enttäuscht. Sie hatte wesentlich mehr erwartet.
Klare, aber richtige Entscheidungen
22 Jahre später ist die Bilanz positiv, Schüssel hat recht behalten. Die voestalpine hat sich von einem pleitegegangenen Staatsunternehmen zu einem weltweit erfolgreich agierenden Privatkonzern mit wesentlicher Beteiligung der Arbeitnehmer (15 Prozent) entwickelt. Auch die Reform der Pensionen, für deren Berechnung nun die gesamte berufliche Zeit die Grundlage ist, hat das System finanzierbar gehalten. Schüssel selbst spricht von einer jährlichen Einsparung von 14 Milliarden Euro.
Der Ex-Kanzler, der soeben seinen 80er gefeiert hat, ruft in seinem neuen Buch, das er am 23. Juni in Linz präsentieren wird, zu Mut und Zuversicht auf. Optimismus ist tatsächlich vonnöten. Denn Oberösterreichs Industrie und Wirtschaft schrumpfen.
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