„Vernünftige Kombination von online und stationär“

Willi Klinger
Willi Klinger, Geschäftsführer von Wein&Co ist bedingungsloser Anhänger von Qualität. Auch bei den Nahrungsmitteln.

Willi Klinger ist seit Jahresbeginn Geschäftsführer von Wein&Co. Der 63-Jährige stammt vom renommierten Gasthaus Klinger in Gaspoltshofen (Bez. Grieskirchen) ab. Sein jüngerer Bruder Wolfgang ist Bürgermeister und Landesrat. Seine Mutter Hedi Klinger kochte außergewöhnlich gut, mehr als 40 Mal war der Schriftsteller Thomas Bernhard zu Gast. Mit ihr gemeinsam hat er das Kochbuch „Familienküche“ verfasst.

Klinger studierte nach dem Gymnasium in Saalbach Französisch und Italienisch an der Universität Salzburg und entdeckte seine Leidenschaft für Weinbau beim renommierten Weinhändler A.V. Stangl in Salzburg. Anfang der 1990er-Jahre war er maßgeblich beim Aufbau der Weinhandelskette Wein&Co beteiligt, bevor er als Geschäftsführer der Freien Weingärtner Wachau Pionierarbeit für den österreichischen Wein auch am internationalen Parkett leistete. Beim italienischen Kultwinzer Angelo Gaja war er für mehr als

50 Exportmärkte verantwortlich. Von 2007 bis 2019 war er Geschäftsführer der Österreich Wein Marketing.

KURIER: Nach 30 Jahren sind Sie wieder zu Wein&Co zurückgekehrt. Was sind Ihre Ziele?

Willi Klinger: Ich versuche hier eine wunderbare Marke, die der Österreicher kennt, die aber in der letzten Phase von Heinz Kammerer, der viele tolle Sachen gemacht hat, etwas in Turbulenzen geraten ist, mit neuem Leben zu erfüllen. Wein&Co wurden von der deutschen Hawesco Gruppe gekauft. Im vergangenen Jahr wurde ein harter Sanierungskurs gefahren, der die Firma von einem Minus von zwei Millionen Euro auf null geführt hat. Wir müssen wieder ein Feinweinhändler werden.

Was unterscheidet Sie von den Supermärkten?

Es gibt Marken, die sich überschneiden. Zum Beispiel Scheiblhofer oder Bründlmayer. Wir haben auch Weine zwischen fünf und zehn Euro, aber keine unter fünf Euro. Die Supermärkte verkaufen 60 bis 70 Prozent unter fünf Euro die Flasche. Unser großes Geschäft spielt sich zwischen acht und 20 Euro ab.

Mit welcher Philosophie wollen Sie Wein&Co prägen?

Als wir Wein&Co gegründet haben, haben wir gesagt, das Beste für alle. Wir können die Menschen zum Wein bringen, auch ein bisschen zu gutem Olivenöl, zu guter Pasta und zum Genießen erziehen. Wir konnten die Konsumenten einen Schritt weiterbringen. Wir verkaufen viel im Preisgefüge von zehn und 50 Euro die Flasche. Von den neun Millionen Österreichern haben 200.000 einmal bei uns eingekauft, rund 100.000 kaufen ständig. Das ist eine kleine Gruppe. Wein&Co ist die Demokratisierung des Fein-Wein-Business gelungen.

Wie geht es Ihnen in der Corona-Krise?

Die Krise hat auch den Weinhande- erfasst, vor allem dort, wo er ein Gastro-Handel war. Wenn ein Winzer 90 Prozent Wirte als Kunden gehabt hat, ist er arm. Wir sind im Einzelhandel, der Gastro-Bereich macht nur fünf Prozent aus. Es waren zwar unsere 20 Geschäfte geschlossen, aber unser Online-Handel hat sich verdreifacht. Wir hatten online mehr Geschäft als zu Weihnachten.

Der Gesamtumsatz ist aber dennoch zurückgegangen?

Ja, das ist er. Wir werden kein reiner Online-Händler werden. Wir haben drei Standbeine: online, stationär und Gastro (Weinbar). Eines unserer wichtigsten Werkzeuge ist die Gratisverkostung. Bei uns kann man jeden Tag 15 Weine gratis verkosten.

Nachdem die Geschäfte wieder aufsperren dürfen, geht es nun voll los.

Wir haben am ersten Samstag 110.000 Euro stationär umgesetzt. Gestern, Samstag, haben wir das Geschäft in der Wiener Mariahilfer Straße eröffnet, das wir umgebaut haben. In den Shops machen wir unseren Hauptumsatz. Der Online-Umsatz betrug im vergangnen Jahr 18 Prozent und wird heuer sicher über 25 oder 30 Prozent sein. Wir haben gelernt, dass online ausbaufähig ist, die Kunden haben gelernt, dass man online einkaufen kann. Sie haben aber auch gemerkt, dass online nicht alles ist.

Wir hatten Probleme, die Bestellungen auszuliefern. Wenn man 1.100 Bestellungen an einem Tag hat, ist es schwierig. Wir sind in drei Schichten gefahren und hatten Rückstände bis zu sieben Tage. Also wird es die vernünftige Kombination von online und stationär sein.

Ihre Aufgabe ist es, Wein&Co qualitativ hochzufahren?

Ja, qualitativ, mit Seele, mit einer Kommunikation, die bisserl mehr Hand und Fuß hat und nicht nur Rabatt, Rabatt, Rabatt, eine Kommunikation, die eine Geschichte erzählt. Ich schreibe alle meine Artikel in unserem Kundenmagazin selbst.

In Ihrem letzten Artikel schreiben Sie, dass der österreichische Rotwein im internationalen Vergleich ausbaufähig ist.

Es gibt international viel mehr guten Rotwein als guten Weißwein. Österreich ist immer schon ein begnadetes Weißweinland gewesen. Hier sind wir nach wie vor Weltklasse. Der Rotwein hat sehr stark aufgeholt, aber wir sind noch nicht dort, wo wir sein könnten. Wir haben uns auf einer Kompromissformel, auf einen Stil eingetrunken, der im Markt funktioniert und auch recht ist. Aber die großen Rotweine sind noch einmal etwas anderes. Wir haben eine relativ kurze Rotweinkultur. Wenn ein Rotwein Tannin (Gerbstoffe) hat, was im Piemont gang und gäbe ist, dann beklagen sich manche, dass der Wein bitter ist. Wenn wir den Bordeaux, den Burgunder oder den Brunello schlagen wollen, müssen wir sagen, dass wir noch nicht so weit sind. Die Kunden wissen auch nicht, wie man solche Weine trinkt. Der Österreicher ist mit Säure im Wein aufgewachsen, aber nicht mit Tannin. Vom Weißwein verstehen wir etwas, den haben wir im Blut.

Was werden Sie neu einführen?

Es haben einige Eckpfeiler der Weinkultur gefehlt, zum Beispiel Burgund. Kunden, die etwas von Wein verstehen, verlangen von Wein&Co, dass wir die Archetypen der feinen Weine der Welt führen. Ich habe kleine Winzer ausgewählt, wo die Flasche zwischen 30 und 80 Euro kostet, was für Burgund preiswert ist.

Wir haben nun ein Sortiment, auf das alle stolz sein können. Es war immer eine meiner Spezialitäten, neben den klassischen Weinen Italiens wie Chianti, Valpolicella etc. die wirklich guten Sachen zu finden und zu haben.

Ich habe den Relaunch von Wein&Co mit einem Packerl Nudeln begonnen. Im Piemont gibt es die beste Pasta, die Taglierini, die Tagliatelle und die Pappardelle. Aus Neapel beziehen wir die Hartweizennudeln und ich habe gutes Olivenöl eingeführt.

Wir werden nun auch die Weine von Karl Egger (Linzer Unternehmen Ke Kelit, ehemaliger Vizepräsident der Black Wings) führen. Seine Tenuta di Carleone ist eines der Topweingüter. Sie schließen zur Spitze in der Toscana auf.

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